Stadt Solingen verstößt gegen Klimabündnis

Verkehrsprobleme mit neuen Straßen lösen?

Auf der letzten Sitzung des Ausschußes für Stadtplanung und Verkehr wurde wieder einmal die Aufnahme mehrerer Straßenbauprojekte in den Landesstraßenbedarfsplan gegen die Stimme von Bündnis 90/Die Grünen beschlossen. In diesem werden die förderungswürdigen Straßen, die das Land bereit ist zu finanzieren, für die Dauer von fünf Jahren festgehalten. Damit wird weiterhin gegen einen von allen Parteien einstimmig angenommenen Ratsbeschluß verstoßen, indem der Beitritt der Stadt Solingen zum Klimabündnis beschlossen wurde

Neue Verkehrskonzepte nicht in Sicht

In diesem verpflichtet sich die Stadt Solingen dazu, den CO2-Verbrauch bis zum Jahre 2010 um 50% einzuschränken. Der Güter- und Personenverkehr beteiligt sich mit 25% am gesamten CO2-Ausstoß. CO2 (Kohlendioxid) ist ein Treibhausgas und Hauptverursacher des sogenannten Treibhauseffektes und kann nicht durch technische Errungenschaften wie den Katalysator reduziert werden. Wissenschaftler schätzen die derzeitige Erderwärmung auf 0,2 bis 0,5 Grad pro Jahrzehnt. Folgen sind Wetterveränderungen und die Erhöhung des Meeresspiegels. Die ser ist seit 1940 um durchschnittlich 13 Zentimeter gestiegen. Nichtsdestotrotz hält die Solinger Betonfraktion aus CDU, FDP und SPD am Neubau der Westtangente Solingen, der Verlängerung der Viehbachtalstraße vom Frankfurter Damm bis Schlagbaumer Str. und dem sogenannten „Lükkenschluß“ zwischen der L357n aus Gräfrath und der neuen Auffahrt der A46 (Gesamtkosten ca. 150 Mio. DM), fest. Die Westtangente soll sinnigerweise im Jahre 2010 fertiggestellt sein, just in dem Jahr in dem auch das CO2-Reduzierungsziel erreicht sein sollte… Mit dem Beitritt zum Klimabündnis hätte eigentich auch ein Umdenken in der Verkehrspolitik erfolgen müssen. Eine Stärkung des Umweltverbundes (Bus, Rad, Füße) könnte den Verkehr verlagern und gleichzeitig die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung befriedigen.

Gutachten prognostizieren mehr Verkehr

Die im Klimabündis geforderte Reduzierung des „motorisierten Individualverkehrs“ (MIV), auf deutsch Pkw und Lkw, kann durch diese Straßenprojekte unter keinen Umständen erreicht werden. In den zwei vorliegenden Innenstadt konzepten für Solingen-Mitte (ua von Heinz, Moritz und Partner, Aachen) wird zB. prognostiziert, daß der Bau der Westtangente Solingen nur eine kurzfristige Reduzierung des innerstäd: tschen Durchgangsverkehrs bewirkt. Langfristig gesehen wird dagegen der ohnehin hohe Anteil des MV am gesamten Verkehr nach dem Bau der Westtangente von derzeit 68% auf 75% ansteigen. Der jetzt schon vor sich hin dümpelnde Busverkehr wird noch weiter reduziert werden, und zwar von 33% auf 25%!

Daß neue Straßen nicht die gewünschte Entlastung bringen, sondern vielmehr nur neuen Verkehr anziehen, beweist auch eine Studie des britischen Verkehrsministeriums. Diese belegt, daß sich die Verkehrsströme in London infolge von neuen Straßen verdoppelten bis verdreifachten Eine nicht unwesentliche Rolle bei der weiterhin andauernden Bevorzugung des MV ist die Haltung des Solinger Tageblattes, dessen einseitige Berichterstattung über Straßenbauten kaum noch zu überbieten ist. Wenn es nach dem Willen der hauseigenen Redakteure ginge, würde ganz Solingen zu einem riesigen Autobahnkreuz ausgebaut, in dem FußgängerInnen am besten zu Hause bleiben und RadfahrerInnen als Menschen zweiter Klasse natürlich nichts zu suchen haben. So wird wieder einmal eine Presseerklärung des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) Solingen, der die Straßenneubaupläne als „Rückfall in die Betonpolitik der 60er Jahre“ kritisiert, einfach unter den Teppich gekehrt, Zuviel negative Äußerungen zu schönen Spielzeugen könnten einem diese ja auch madig machen.

Land geht Geld aus

Einziger Hoffnungsschimmer ist somit die finanzielle Misere des Landes, das diese Straßenwahnprojekte bezahlen muß. Der Spielraum für den neuen Landesstraßenbedarfsplan ist von vorneherein auf 3 Mrd. DM begrenzt, so daß selbst die SPD mittlerweile eingesehen hat, daß man ein paar Projekte fallen lassen muß, um die Lieblingsspielzeuge retten zu können. Die geplante Weiterführung der Viehbachtalstraße bis zur B229n in Landwehr und damit weiter zum Langenfelder Autobahnkreuz ist diesem erzwungenen Sparwillen schonzum Opfer gefallen. Die Trasse wäre etwa 300m parallel neben der Bonner Str., ausschließlich durchs grüne und direkt an der geplanten Wohnbebauung Börkhauser Feld vorbei, verlaufen. Stattdessen will man nun die Bonner Str. „ertüchtigten“, was wohl auch einem autobahnähnlichen Ausbau gleichkommt.

Ernie