Kommentar: Die Jagd nach dem „Täter“ — ein abgekartetes Spiel

Juristisch wäre dem nichts mehr hinzuzufügen: politisch aber sehr wohl, etwa in den Worten eines Leserbriefs des Frauenverbands Courage vom 16.2.96 an das ST:

„Nun ist es wieder soweit: Der Justiz- und Polizeiapparat zieht bei der frei en Presse die Daumenschrauben an, um Beweismaterial gegen kritische Bürger zu erhalten.“

Herrgott noch mal, die Menschen in unserem Land können sich doch freuen, daß es Leute gibt, die nicht einfach hinnehmen wollen, wenn bewohnbare Häuser aus erlogenen „Gründen“ abgerissen werden, und sich stark machen für eine ehrlichere, gerechtere und menschenfreundlichere Stadtpolitik. Nein, beim besten Willen, die Leute, die sich hierfür engagieren, gehören gewiß nicht dafür bestraft, ganz besonders dann nicht, wenn sie an der richtigen Adresse protestieren – und das ist hier nun mal der Stadtrat von Solingen. Im Fall Teschestraße war er der „Täter“, der sich hinter einer Anklage gegen Leute versteckt, die nichts verbrochen haben, im Gegenteil. Es ist also völlig egal, ob die Angeklagten zu denen gehört haben, die die Ratssitzung mit guten Gründen für 7 Minuten „gestört“ haben. Es täte Solingen und der Zukunft seiner Menschen nur gut, wenn es einen Oberbürgermeister und eine Staatsanwaltschaft hätte, die diesen einfachen und doch so wichtgen Zusammenhang begreifen wollten.

Otto Mann