Wird der Graf-Wilhelm-Platz zum Kommunikationsort?

Denk ich an die Innenstadt in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht …

Nach dem Abholzen der Bäume am Ufergarten, am Birkenweiher und am Mühlenplatz, nach der dauerhaften Verdrängung von Obdachlosen, Jugendlichen, RentnerInnen von diesem Platz könnte man meinen, das Kapitel Innenstadt würde besser endgültig unter dem Muff von 624 Jahren begraben.

Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer: Anfang des Jahres beschlossen die BV-Mitte und der Stadtplanungsausschuß die Umgestaltung des Graf-Wilhelm-Platzes/Neumarktes. Hier sollen ”große Bäume” gepflanzt werden, Kinderspiel und Streetball ermöglicht werden. Das Konzept will dabei ”soziale Randgruppen nicht verdrängen, unter sozialer Kontrolle  Aufenthalt ermöglichen.”

Grundvoraussetzung für die Umgestaltung des Graf-Wilhelm-Platzes ist dabei, daß die Busstege weitgehend auf die demnächst stark verkehrsberuhigte Kölner Str. verlagert werden und daß die heute hier nur während der Pausen abgestellten Busse an einem weniger zentralen Ort geparkt werden.

Die Pläne zur Umgestaltung dieses Platzes sind auch ein Resultat des Beschlusses von Grünen und SPD in der Bezirksvertretung Mitte vom 5. 6. 1997, der die Verwaltung beauftragte,
”umgehend Planungen zu erstellen und vorzulegen, auf welche Weise
– der im Zuge der Bebauung des Mühlenplatzes nicht auszugleichende Anteil der vollen Kompensation des ökologischen und klimatischen Eingriffs durch Bepflanzungen in anderen Bereichen der City auszugleichen ist,
– die sozialen Funktionen des Mühlenplatzes wie Kommunikation, Freizeitaktivitäten (u.a. Streetball, Schachspielen und Aufenthalt an den Wasserspielen), Veranstaltungsort (z. B. Zöppkesmarkt, Maikundgebung und Feste) sowie die Funktionen als Aufenthaltsort für soziale Randgruppen und als Treffpunkt mehrerer Generationen am vorhandenen Standort gehalten werden können, bzw. welche anderen Plätze und öffentlichen Räume in der City diese Funktionen übernehmen sollen.”

Das Konzept der Verwaltung zur Bürgerbeteiligung sieht eine Planungszelle (zufällig ausgewählte BürgerInnen erstellen unter Anleitung der Verwaltung einen Planungsvorschlag), eine Passantenbefragung, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen über den Jugendstadtrat, die Jugendkonferenz Ende Mai und eine eigene Planungszelle, die Integration von Randgruppen, Frau-engruppen, Ausländern und City-Management in die Planung vor. Das Konzept wurde von der Bezirksvertretung erweitert um eine für alle offene Bürgerversammlung und offene Workshops für Kinder und Jugendliche.

Wie der Graf-Wilhelm-Platz demnächst tatsächlich umgestaltet wird, ist offen. Wird dabei mehr Rücksicht auf die Interessen derjenigen genommen, die die Innenstadt als reinen Konsumort begreifen oder entsteht hier ein Ort, an dem sich Kinder, Jugendliche, Obdachlose, Arbeitslose, Rentner-Innen und alle, die sich ohne Konsumzwang in der Innenstadt treffen wollen, aufhalten können und wollen? Die Antwort wird auch davon abhängen, ob sich die Menschen in die öffentliche Diskussion zur Umgestaltung einmischen und bei den verschiedenen Bürgerbeteiligungsterminen zu Wort melden.

Dietmar Gaida