Friedenszug nach Kurdistan = Terrorzug – ein logistisches Bravourstück

Ein ungewöhnlicher Sonderzug, der FRIEDENSZUG MUSA ANTER, steht für die Abfahrt am 26.8.1997 mit mehr als 400 Mitreisenden vieler Nationalitäten – fast – abfahrbereit in Brüssel, um die weite Reise über Deutschland, Österreich, diverse Balkanstaaten, die Türkei bis in die 2 Millionen-Stadt Diyarbakir in Türkisch-Kurdistan anzutreten. Das hört sich konspirativ an, da sind gleich mehrere Fragen zu stellen:

1. Friedenszug ? Ausgefallene Idee! Eine Vielzahl friedensbewegter AktivistInnen will eine große Delegation für die Beendigung des Jahrzehnte andauernden Krieges und für ernsthafte Verhandlungen um eine friedliche politische Lösung entsenden.

2. Wer sind die AktivistInnen? Ein internationales Bündnis von ca.  500 Friedens- und Menschen-rechtsorganisationen, prominenten Einzelpersonen aus Politik, Wissenschaft und Kunst. Also (k)eine Ansammlung einiger politisch Ver(w)irrter oder gar Terroristen?

3. Musa Anter? Nie gehört. Ein kurdischer Schriftsteller und Journalist, nie zweifelnd an der Existenz, Identität und am kulturellen Erbe des kurdischen Volkes, unerschrockener Verfechter der Befreiung und Autonomie der von Europa Anfang dieses Jh. festgeschriebenen “kurdischen Provinzen”, unbeirrbarer Kritiker der Politik des staatlichen Terrors gegen das gesamte kurdische Volk und Andersdenkende.In Diyarbakir 1992 im Auftrag der staatlichen Sicherheitskräfte ermordet, 74jährig.Er ein Terrorist?

4. Kurdistan? Benutzt man dieses Wort in der Türkei, wird man leicht verdächtigt, TerroristIn zu sein. Kurdistan gibt’s bei Karl May schon vor mehr als 100 Jahren. Auch der Diercke-Schulatlas der 50er Jahre bestätigt die Existenz Kurdistans.

Das ist konspirativ, und dagegen muß massiv eingeschritten werden, Hand in Hand “gegen den Terrorismus” und “für die Demokratie”.

Devise: Beobachten und auf diplomatischem Polit-Parkett die Fäden spinnen – mit Erfolg, na klar: Der Friedenszug ist kein Unternehmen  für den Frieden, sondern “er unterstützt den Terror” (türk. Polizeichef), er ist ein “PKK-Werbezug” (türkische Presse: “propaganda treni”).

“Hürriyet” textet denn auch am 25.8.97 folgerichtig: “Der Zug der PKK konnte nicht abfahren”; am 22. 8. nennt ihn  der Vorsitzende der faschistischen MHP einen “Vampir-Zug”. Es kann also konstatiert werden: Die Unter-stützerInnen und TeilnehmerInnen des Friedenszuges sind somit keine Demo-kratInnen, sondern PKK-SympathisantInnen, also TerroristInnen. Schaun wir mal.

Der türkische Staat hat wie ein Hund reagiert, der bellt und beißt, wenn er seinen Knochen nicht bekommt, und könnte doch nicht viele Wunden schlagen, wenn ihm andere Rudel nicht zu Hilfe eilten, vornweg der deutsche Schäferhund. Auch zeitlich paßt alles: 5 Tage vor Abfahrt ist der Zug gestoppt! Der deutsche Innenminister hat das Seine dazu getan: “Der BGS wird die ausländischen Reisenden des Sonderzuges nicht nachDeutschland einreisen lassen.” Ja, “Deutschland” hat die unverbrüchliche Freundschaft mit dem türkischen Nato-Partner wieder einmal unter Beweis gestellt: Einsatz deutscher Sicherheitskräfte zur Verhinderung einer Friedensmisson = Umsetzung der Proklamation eines friedlichen Europas. Der Frieden in Kurdistan und damit auch in der Türkei – kann warten! Die Fäden werden – wie gehabt – in starken Händen gehalten, nicht ernstzunehmende Verhandlungspartner stören nur das geschäftige Treiben um Zuwachs an Geld und Macht um jeden Preis – gegen den Willen von Millionen Menschen, die Frieden wollen, aber nicht um jeden Preis.

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