1997 – das Jahr des Arbeitsplatzkahlschlags in Solingen

Entlassungen bei Großmann, Kortenbach + Rauh, Schließungspläne für RCS, Kieserling und die SILAG Metallwaren AG, Nichtübernahmeabsichten des 4. Lehrjahrs bei Henckels-Zwillingswerk sowie die Aufgabe einer Reihe von kleineren Geschäften und Gaststätten werden dieses bzw. nächstes Jahr zum Nachkriegsrekordjahr der Arbeitsplatzvernichtung in Solingen werden lassen, wenn nicht eine neue Qualität des Widerstands aller Betroffenen diesen Kahlschlag stoppt.

So beharrlich und beispielhaft sich die Belegschaft der Walder Firma RCS, die zur Krupp-Thyssen-Nirosta GmBH gehört, über Monate gewehrt hat, so interessant die Pläne der Kieserling-KollegInnen sind, am traditionellen Standort eine Auffanggesellschaft zu gründen, so erfrischend die Demonstration dieser ”Opposition von unten” vom 8. November war (ein spontanes Bündnis von Belegschaften, Gaststätten, Geschäften und der unter dem Entzug der Nachtkonzession vom Ruin bedrohten Diskothek ”Libelle”), an dem sich die Gewerkschaften unverständlicherweise nur halbherzig beteiligten, so klar wird auch, daß all dies nicht ausreichen wird , diesen nicht wiedergutzumachenden Verlust zu verhindern.

Eine reale, ungeschminkte Analyse der Probleme kann nur eine Schlußfolgerung zur Folge haben: Wir brauchen in Solingen den vernetzten Widerstand aller vom Kahlschlag  Betroffenen.  Die  Gewerkschaften, welche hier eine entscheidende Rolle spielen könnten, sollten endlich begreifen, daß sie sich neuen sozialkulturellen Bündnissen öffnen müßten, anstatt kleinkarierte Avantgarde-Ansprüche aufrechtzuerhalten.

Natürlich kann das nur funktionieren, wenn alle Beteiligten sich darüber klar werden, daß im Rahmen beschränkter Möglichkeiten kommunaler Einflußmöglichkeiten qualitativ neue Formen der Gegenwehr, gemeinsam gesucht und gefunden werden müßten. Diesbezüglich hat noch niemand den Stein der Weisen gefunden. Weder Dauerstreik, noch eine konzertierte Aktion eines kommunalen Bündnis für Arbeit reichen da aus. Die richtigen Antworten müssen wohl in einem gemeinsamen Aktions- und Diskussionsprozeß gefunden werden.