Konkursverfahren bei Bergfeld & Hoppe

Ex und Hopp

Über dem alteingesessenen Höhscheider Metallfertigungsbetrieb Bergfeld & Hoppe KG steht Konkursdrohung. Währenddessen geht die Produktion in ungedrosseltem Tempo weiter. Jeden Tag, auch samstags und sonntags, wird in zwei Schichten produziert, Bremsnockenwellen für Mercedes, Spezialschrauben für MTU, Ankerschrauben für Atomkraftwerke u. a. Die während der Produktion verdampfenden heißen Öle verspritzen die Arbeiter beständig mit giftigen Dämpfen. Dafür gibt es noch nicht einmal eine Schmutzzulage. Mineralwasser gibt es erst, wenn im Meisterbüro 30 Grad gemessen werden.

Nachdem bereits mehrere Monate lang Löhne nur verspätet (”Computer kaputt”) ausgezahlt worden waren, wurde Ende November 1996 vom damaligen Chef  Bergfeld sen. Konkursantrag gestellt. Die Arbeiter wurden ohne Belegschaftsversammlung, ohne nähere Informationen, ohne Weihnachtsgeld und ohne Lohn in den Weihnachtsurlaub und ins Neue Jahr geschickt. Für leere Kühlschränke, Zahlungsverzüge bei Banken, Vermietern, Telekom usw. mußten die Beschäftigten selbst geradestehen.

Am 3.1.97 fanden die zurückkehrenden Arbeiter einen Betrieb vor, in dem alle Leitungen durch Frostschäden außer Funktion gesetzt waren. Jemand von der Geschäftsleitung, der entsprechenden Zugang hatte, hatte die Stromversorgung, die die Notversorgung, u. a. die Notheizung für Sondermaschinen sichern, abgestellt. Ob dies nur Fahrlässigkeit zur Ursache hatte, blieb unklar. Der plötzliche Kälteeinbruch hatte dann zum völligen Zusammenbruch des gesamten Produktionssystems geführt. Bei kaputten Fenstern mit nur Pappe drin ließ der Ofen die Temperaturen nur bis 5 Grad minus ansteigen. Es dauerte über zwei Tage, bis die frierenden Arbeiter die Produktion wieder ans Laufen brachten.

Erst am 8.1.97 erhielten die Beschäftigten einen Brief des zum Sequestor bestellten Rechtsanwalts Maus, aus dem hervorging, daß in 2 – 3 Wochen Konkursausfallgeld vom Arbeitsamt gezahlt würde. Mindestens zwei Monate erhielten die Bergfeld-Arbeiter ihren Lohn vom Arbeitsamt.

Einige Wochen später war Gläubigertermin beim Konkursrichter. Nicht ein einziger Gläubiger erschien! Tags drauf erschien im Tageblatt ein Artikel, in dem die verbliebene Masse des Betriebes als durchaus hoffnunggebend für den Weiterbestand des Unternehmens beschrieben wurde. Mehr als nur gemunkelt wurde, daß Käufer bereit stünden, die den Betrieb unter Umständen übernehmen wollten. Welcherart Umstände damit gemeint waren, blieb den Beschäftigten von Anfang an kaum verborgen. Es ging um ”berechenbare Einsparungspotentiale aus der Personalproblematik” in der ”neu zu gründenden Gesellschaft”. Zu diesem Zweck mußten die weiterbrasselnden Arbeiter bereits dreimal in diesem Jahr ihre eigene Kündigung in Form eines ”Aufhebungsvertrags” unterschreiben: ”…Grund für die einverständliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ist die … bevorstehende Betriebsstillegung. Nach Konkurseröffnung ist eine Fortsetzung des Betriebes wegen drohender Masseunzulänglichkeit nicht gewährleistet.”

Auf diese Weise wurde die Belegschaft, die zu 90 % aus Ausländern (überwiegend unkundig im Schriftdeutschen) besteht, regelrecht weichgeklopft. Dabei hatte die Bergfeld & Hoppe KG bereits alle  tarifvertraglichen Bindungen über Bord geworfen, als das Unternehmen vor einigen Jahren aus dem Arbeitgeberverband austrat. Im Juli dieses Jahres nun ließ die ”von Herrn Dr. Bergfeld neu zu gründende Gesellschaft” die Katze aus dem Sack: Alle Arbeiter, die weiter beschäftigt werden wollten, sollten eine ”Erklärung” unterschreiben und dabei folgendem ”Lösungsvorschlag” zustimmen: ”Beteiligung aller Arbeitnehmer (auch der Unternehmer) an möglichen die Planung übersteigenden Anlaufverlusten im Zeitraum von 1997 bis 2000”. „Bis morgen“ müsse „jeder“ unterschreiben. Ein schwacher Trost, daß die Unternehmer ”auch” an ihrem ureigenen Geschäftsrisiko  beteiligt sein sollen, dazu noch in Klammern – im übrigen sollen alle Verluste künftig auf die Arbeiter abgewälzt werden! Erster Einstieg in das gewünschte Niedrigst- lohn-Schlaraffenland ist eine ”lineare Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld bei Eintreten eines nicht geplanten Verlustes im Rumpfge-schäftsjahr 1997 und in den Jahren 1998 – 2000.“ Beispiele aus der zu unterzeichnenden „Erklärung“: Ist der Verlust für 1997 auch nur um 100.000 DM höher als „geplant“, so werden den Arbeitern genau diese „100 TDM“ = 56 % des Weihnachtsgelds abgezogen. Jede Verlustbeteiligung der Unternehmer ist ausgeschlossen, die Arbeiter tragen den gesamten Verlust. Bei „200 TDM“ wird „das Weihnachtsgeld zu 100 % nicht gezahlt“ und „9 %“ des Urlaubsgelds „gekürzt“.

Dann sind ab 350 TDM ungeplantem Verlust Weihnachts- und Urlaubsgeld ganz futsch und bei ca. 5 Millionen Firmenminus (würde auch niemanden überraschen) wäre dann wohl der volle Lohn weg… Würden Sie eine solche „Erklärung“ unterschreiben? Die Mehrheit der Beschäftigten von Bergfeld & Hoppe hat’s getan. Dabei ist jede wirksame Einflußnahme auf das „Planrechnungsergebnis“ ausgeschlossen. Stattdessen gibt’s „Risikoabsicherung durch einzelvertragliche Gestaltung“. Wer das unterschrieben hat, wird zusehen müssen, wie die Geier über ihn herfallen – die Käufer der „Konkursmasse“ der Bergfeld & Hoppe KG reiben sich jetzt schon die Hände…

Otto Mann