LeserInnenbriefe

Ein kurzer Aufenthalt in München ermöglichte mir den Besuch der Ausstellung ”Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944” im neuen Münchener Rathaus. Als ein neugieriger Mensch fragte ich mich, was denn dran sei an dieser Ausstellung, die in Bayerns Hauptstadt so heftige Diskussionen ausgelöst hatte. Um 10 Uhr öffnete die Ausstellung ihre Pforten, doch schon eine Stunde früher hatte sich eine Warteschlange bis auf den Marienplatz gebildet. Die Atmosphäre in der Warteschlange habe ich als sehr angenehm empfunden. Menschen aller sozialen Schichten und Altersklassen unterhielten sich angeregt über zuvor erschienene Zeitungsberichte im ”Bayernkurier”, über selbst gesammelte Informationen und über eine Broschüre, die von den Betreibern der Ausstellung an die Wartenden verteilt wurde. Nur selten versuchten einige Ewiggestrige die Ausstellungsbesucher von der Ehre und Unbeflecktheit der Deutschen Wehrmacht zu überzeugen.

Doch die Ausstellung beweist mit einer Vielzahl von Fotos, Filmen, schriftlichen Befehlen, Augenzeugenberichten und Geständnissen das Gegenteil. Niemand behauptet, daß die Wehrmacht und ihre Soldaten in ihrer Gesamtheit ausschließlich aus Kriegsverbrechern bestand, doch es wird ganz klar bewiesen, daß große Teile der Wehrmacht von Anfang an tief im Nazi-Sumpf und eine Vielzahl von Kriegsverbrechen von ihr begangen wurden, die denen der SS in nichts nachstehen. Der Inhalt der Ausstellung hat mich kaum überrascht. Warum sie so heftige Diskussionen hervorruft? – Keine Ahnung.

Überraschend fand ich lediglich die in die Sandsteinmauern des Rathauses eingravierten Widmungen, die das Deutsche Vaterland über alles stellen und für ”Deutsches Volkstum, Deutsche Einheit, Ehre und Freiheit” eintreten.

 Thomas Lorbach