HERRschaft durch Sprache

Feministinnen fordern schon seit Jahren die Änderung diskriminierender Sprachformen und Bezeichnungen, wie z.B. ”Studenten” und ”Kaufmann”, die ein Mitgemeintsein von Frauen suggerieren, diese jedoch faktisch ausschließen.

Was sich inzwischen sogar in der Verwaltung durchgesetzt hat, nämlich die Nennung beider Geschlechter („Antragsteller/in”), scheint einigen sich selbst progressiv sehenden („natürlich bin ich für die Gleichberechtigung”) Männern – sogar in unserer Redaktion zuviel. Deshalb möchte ich noch einmal kurz aufzeigen, worin die Diskriminierungen bestehen und welche Änderungsmöglichkeiten es gibt.

  1. Frauen werden durch Bezeichnungen wie ”die Studenten” ignoriert und ausgeschlossen, da in diesem Fall der Oberbegriff mit der männlichen Form übereinstimmt und folglich nur männliche Studenten assoziiert werden. Belegt wird dies durch Tests, die z.B. die Aufforderung enthalten, ”einen Studenten zu malen. Wie absurd die Verwendung dieses männlich geprägten Terminus ist, zeigt sich überdeutlich dann, wenn eine Gruppe von 100 Studentinnen durch Hinzukommen eines einzigen (männl.) Studenten plötzlich als Gruppe von Studenten bezeichnet wird und somit als von Männern dominierte Gruppe assoziiert wird. Eine Lösungsmöglichkeit besteht in der Verwendung eines neutralen Plurals, wie z.B. ”die Studierenden”. Sie ist sinnvoll vor allem dann, wenn es im Singular nur eine Form gibt (”Studierende”), durch Verwendung eines Artikels aber spezifiziert wird (”der Studierende”/”die Studierende”). Noch besser – weil fast immer möglich – ist aber die Verwendung des femininen Plurals, z.B. ”die Arbeiterinnen”, in dem schließlich die maskuline Form enthalten ist Dies wird in Hinblick darauf gefordert, daß nach Jahren der Unterdrückung, Frauen mehr Geltung verschafft werden soll und Männer einmal das ”Mitgemeintsein” erfahren. Diese Alternative, insbesondere mit ”1” (ArbeiterInnen) ist zwar anfangs oft als zu schwerfällig kritisiert worden, hat sich aber inzwischen einigermaßen etabliert. Frauen werden außerdem durch die Verwendung von Pronomen, wie ”man”, ”jemand” oder ”jeder” ignoriert, was vor allem dann auffällt, wenn ausschließlich Frauen gemeint sind: ”Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders”. Abhilfe schafft hier die Verwendung von ”mensch”, ”jede” und ”eine” bzw. ”jede Frau”.
  2. Frauen werden dadurch diskriminiert, daß weibliche Bezeichnungen von männlichen abgeleitet werden und mit der Endung ”in” versehen werden, z.B. Bauherrin. Bezeichnend ist, daß umgekehrt aus der Kindergärtnerin nicht der Kindergärtner sondern der Erzieher wurde, woraus schließlich die Erzieherin folgte, siehe auch ”Geburtshelfer”, ”Krankenpfleger” und ”Raumpfleger”. Interpretiert werden könnte dies so, daß ”weibliche” Berufe durch eigens entwickelte männliche Berufsbezeichnungen aufgewertet werden müssen, um für Männer akzeptabel zu werden.
  3. Frauen werden degradiert durch die Anrede ”Fräulein”, für die es logischerweise keine männliche Entsprechung gibt, da es ja eines Mannes bedarf, um aus dem Fräulein eine Frau zu machen, sei es durch Heirat und/oder Entjungferung. Sie werden degradiert durch ihre Darstellung in traditionellen Rollen in Märchen, Bilder- und Schulbüchern, aber auch im Duden, wie Pusch anhand der Auswertung des Kapitels ”A” aufzeigt. Frauen wurden zum einen viel seltener erwähnt (180 im Vergleich zu 920 Nennungen von Männern), zum anderen auch hauptsächlich in typischen Rollen (”sie gibt sich viel mit Kindern ab”), als schwächlich (”die Angst preßte ihr den Atem ab”) und in bezug auf ihren Mann dargestellt (”sie betet ihn an”), während Männer den aktiven Part (”er bäumte sich gegen die Ungerechtigkeit auf) übernahmen.

Diese Diskriminierungen werden von Männern oft als lächerlich und unbedeutend abgetan, insbesondere dann, wenn sie aufgefordert werden, ihren eingefahrenen Sprachstil zu ändern. Zwischen Sprache und Bewußtsein besteht jedoch eine Wechselwirkung; einerseits spiegeln sich in der Sprache die gesellschaftlichen Verhältnisse wider, andererseits kanalisiert die Sprache das Denken und prägt so die Wahrnehmung und Realität. Wenn also immer nur von Professoren” die Rede ist, wird damit suggeriert, es gebe gar keine Professorinnen, was auch zur Folge hat, daß Frauen gar nicht auf die Idee kommen, sie könnten eine werden.

Die Diskriminierung von Frauen in und durch Sprache ist somit kein Zufall, sondern Ausdruck des HERRschenden Patriarchats.

Gundel Gaukeley

Lesetips: Luise F. Pusch. Das Deutsche als Männersprache.
Senta Trömel-Plötz. Frauensprache – Männersprache