LeserInnenbriefe

Zum Gedenktag der leisen Töne

Das Konzert der Bergischen Symphoniker, unter der Leitung von Generalmusikdirektor Christian Süss, wurde in den Medien als Gedenkveranstaltung der leisen Töne angekündigt. Dem war leider nicht so!

Für mich ergibt sich die Frage, wer die Musikauswahl getroffen hat. Mit der Ouvertüre zum ‘Freischütz‘ angekündigt als ‘…ein wahres deutsches Stück…‘, entstand bei mir die Frage: Wo bin ich denn hier? Wessen sollten die Anwesenden gedenken? Mich weiterhin mit Tanzmusik und operettenhaften leichten Melodien zu konfrontieren, fand ich schamlos.

Das Lied der türkischen SAS-Spieler anzukündigen ‘…es geht um Liebe, aber auch um die bösen Reichen und natürlich die guten Armen…´, machte mich sprachlos. Gehen wir doch zur Tagesordnung über! Beschwingt heiter, durch die Musik in Sommerlaune versetzt, in den nächsten Biergarten! Danke für so viel Sensibilität! Es fehlte nur noch die ‘Feuerwerksmusik‘ von Händel !!!!!!!

Elke Rattelsberger

Wehrmachtskommandeur statt Waffen SS- Mitglied

Hiermit stelle ich eine Behauptung richtig, welche in meinem Artikel in der Sonderausgabe der tacheles vom August 1996 enthalten war, Herr Kissel sei ein Mitglied der Waffen SS gewesen. Dies ist nicht der Fall. Er war Kommandeur eines Bataillons in der deutschen Wehrmacht.

Er ist, wie er wohl meint, wie jeder anständige Deutsche in den Krieg gezogen, um für Führer, Volk und Vaterland zu kämpfen. Die irrtümliche Annahme, daß  er in Hitlers Elitetruppe gedient habe, kann, bei der Wertschätzung, der er dieser Truppe entgegenbringt für ihn gewiß  nicht beleidigend sein.

Herr Kissel hat keinen Grund darüber verletzt zu sein, wie man in dieser Stadt mit ihm umgeht. Die Tatsache, daß  er Arbeitsplätze schafft, verdankt er u. a. den Bauaufträgen aus öffentlicher Hand. Geehrt wurde er durch die Bauhandwerkerinnung, die ihn zu ihrem Obermeister gewählt hat. Herr Kissel hat allen Grund stolz und zufrieden zu sein, denn er hat honorige Freunde und gesellschaftliche Anerkennung in unserer Stadt.

Julia Freiwald

Liebe ZeitungsmacherInnen!

Ein dickes Lob, aus dem fernen Berlin für die tacheles (Nr. 3, Juni / Juli 96). Gut, daß es in Solingen wieder Menschen gibt, die sich aufgemacht haben, eine kritische, informative und radikale Stadtzeitung zu machen. Politik darf nicht den Parteien überlassen werden, diese passen sich viel zu schnell an und machen ständig Kompromisse, um an die Macht zu kommen oder an ihr zu bleiben.

Neben den Artikeln über die bedrohlichen Zustände in ‘diesem unserem Lande´ fand ich auch den kritischen Artikel über die Kommune Lutter gut. Gut deshalb, weil ich selber Sympathisant von radikalen Lebensalternativen bin und gleichzeitig sehe, wie schwer es in der Praxis ist, die hohen theoretischen Ansprüche von kommunitären Gruppen und Gemeinschaften auch in ein glückliches Leben umzusetzen. Trotzdem habe ich die Hoffnung auf positive Veränderungen in den Bereichen alternative Lebensformen, Abbau vor schädlichen Hierarchien und Freiheit im Liebesbereich nicht verloren. Klarheit und Wachheit jeder und jedes einzelnen sind hier gefragt, Mut zum Risiko.

Brecht hat gesagt: Wer das Unmögliche fordert, erreicht vielleicht das Mögliche. Wer aber nur das Mögliche fordert, erreicht sicher überhaupt nichts. Und wer nicht viel Mut zum Träumen hat, hat sicher auch wenig Kraft zu kämpfen. (Gegen eine kleine Spende wünsche ich mir ein regelmäßiges tacheles-Abo.)

Hawa Krause, Berlin

Die Demokratie ist tot, es lebe die Demokratie!

Ab dem 17.3. wird der neue Jugendstadtrat gewählt. Jetzt brauchen 14-18jährige keine Wohnstätten mehr anzuzünden, um sich Gehör zu verschaffen. Zukünftig kann in Solingen nur noch jugendgerechte Politik betrieben werden.

Jugendgerecht ist: Veränderungswünsche wegzudelegieren, sich auf zwei Jahre einem Parlament zu verpflichten, die Arbeit an Themen ohne persönlichen Zugang, sich Referenzen für den Stadtrat zu erarbeiten, Veränderungen des Demokratieverständnisses nicht aufkommen zu lassen, möglichst große Machtsphären (ganz Solingen) zu erreichen und eine paritätische Besetzung abzulehnen. Aber wie konnte nur in diesem Konzept die undemokratische Forderung aufgenommen werden, unabhängig von dem Wahlergebnis, zwei ausländische Jugendliche zu beteiligen. Einen besonderern Dank dem Stadtrat, der die Betreuung des Jugendstadtrates nicht neuschafft, sondern woanders zusammenstreicht.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Wendt