Der Grafikdesigner und politisch engagierte Bürger Manfred Korten ist am 10. Januar 2016 genauso leise von uns gegangen, nämlich ohne öffentlich bekannt gegebene Beisetzungsfeier, wie er sein Leben, sein Wirken und seine Politik gestaltet hatte: Stets leise, unaufdringlich, freundlich im Hintergrund, aber genauso stets äußerst hell und wachsam und stets auch leicht spitzbübisch zu einer kleinen flapsigen Bemerkung fähig.
Ich lernte Manfred Korten und seine Frau Ingrid 2007 bei der Gründung der Bürgerinitiative gegen die weitere Privatisierung kommunalen Eigentums Solingen gehört uns kennen. Bei der recht mühsamen Sammlung von schließlich 8.000 Unterschriften bildeten sie zusammen mit Edgar Scharmann und Farhid Assemi unsere höchst aktive Seniorengruppe. Auch wenn die Solinger Stadtspitze unseren Antrag auf ein Bürgerbegehren im September 2008 mit juristisch windigen Argumenten zu Fall gebracht hatte, war diese Bürgerinitiative aus einem anderen Grund heraus sehr erfolgreich, hatten sich doch Linke, Kommunisten, Liberale, Grüne, Kriegsgegner, Feministinnen, Gewerkschafter, engagierte Christen und Atheisten ungeachtet ihrer Differenzen kollektiv, einvernehmlich und eindeutig dazu bekannt, dass dem neoliberalen Umbruch unserer Gesellschaft ein eindeutiges Ja zu einer öffentlichen Daseinsvorsorge entgegen gestellt werden muss.
Seit diesem September 2008 gehörten Manfred und Ingrid Korten zu den regelmäßigen Besuchern der Vortragsreihe des DGB. Und außerdem waren es sie beide, die dann im Mai 2013 den DGB-Bericht der Solinger Armutskonferenz unter dem Titel Armutszeugnis für Solingen gemacht hatten. Gemacht hieß in diesem Fall: Korrekturlesen, Zurverfügungstellung eigener Grafiken, Entwicklung eines Coverbildes, Layout und Drucküberwachung. Und wie schön war sie geworden, diese Broschüre (wenn man das bei diesem Thema überhaupt so formulieren darf) ein wahres Schmuckstück einer widerständigen sozialen Bewegung, das ich natürlich auch im Solinger Stadtarchiv hinterlegt habe.
Beim letzten Kaffeetrinkbesuch meiner Frau und mir bei Kortens nur vierzehn Tage vor Manfred Kortens Tod schenkte er mir zum Abschied einen Spruch. Nicht irgendeinen Spruch und auch nicht einfach ein handschriftlich geschriebener Spruch auf irgendeinem Zettel. Das wäre nicht Manfred Korten gewesen. Der Spruch stammte von dem irischen Dramatiker George Bernard Shaw, stand gedruckt und zentriert auf einem Zettel auf gutem, leicht getöntem Papier und war von kunstvollen Zierleisten eingerahmt. Er hieß: „Je mehr ich von den begüterten Klassen sehe, desto mehr verstehe ich die Guillotine”. Ein Revolutionär, aber einer leiser, vornehmer und zurückhaltender: So war Manfred Korten. Ich/wir vermisse/n ihn sehr!
Jörg Becker