Moderne und intelligente Ordnungspolitik sieht anders aus

oder: Der Antrag der CDU auf massive Erhöhung der Zahl der städtischen Ordnungskräfte

Moderne und intelligente Ordnungspolitik und Ordnungsmaßnahmen müssen auch wirklich anders aussehen. Sie haben in unserer Stadt auch schon einmal anders, moderner und intelligenter ausgesehen. Der Antrag der CDU auf Erhöhung der Zahl der Ordnungskräfte (es war von ca. ein Dutzend zusätzlichen Stellen die Rede) ist ein Rückfall in ganz alte Zeiten, ineffektiv und vor allem nicht intelligent. Die Älteren unter uns werden sich erinnern. Die Vokabeln damals waren sehr ähnlich. Bedrohungsgefühle im öffentlichen Raum, Angstraum, Belästigungen, Gefährdungspotential usw., nur der Standort war ein anderer. Es ging schwerpunktmäßig um den Bahnhofsvorplatz in Ohligs, den Bremsheyplatz. Die Forderungen gingen in eine ähnliche Richtung. Verschärfung der Straßensatzung, mehr Überwachung, letztlich sollte mehr Polizei das Problem lösen. Diese Forderung kam auch vor allem aus den Reihen der Partei mit dem großen C im Namen. Soweit die Parallele zu heute.
Damals wurde es doch noch intelligent und effektiv. Der damals zuständige Dezernent, übrigens auch aus der Partei mit dem großen C, startete eine Initiative, die darauf abzielte ordnungspolitische Maßnahmen mit sozialpolitischen zu verbinden und positiv aufeinander zu beziehen.
Er wusste, auch gute Sozialarbeit, nämlich die, die Integration fördert, hat eine ordnungspolitische Wirkung. (Das Wort Inklusion war damals noch nicht erfunden)
Er spielte Polizei und Sozialarbeit nicht gegeneinander aus.
Er hatte erkannt, dass sich beide Bereiche ergänzen und gemeinsam im Ergebnis effektiver sind.
Er suchte und fand Partner im Feld der sozialen Arbeit, die den ordnungspolitischen Aspekt sozialer Arbeit ähnlich sahen.
Die Jugend- und Drogenberatung anonym e.V. entwickelte das Angebot FAXE aus Kontaktladen und dem aufsuchenden Teil des Streetwork. Die Aktivitäten von Polizei und Ordnungsamt wurden, soweit mir bekannt, nur sehr moderat verstärkt.
Ergebnis:
Es wurde ruhiger am Bremsheyplatz, die Zahl der Polizeieinsätze ging zurück. Wenn Polizeieinsätze nötig waren, liefen sie sachlicher und ruhiger, trafen auf weniger aggressive Gegenwehr. Mehr Bedürftige wurden in das Hilfesystem integriert. Kurz die öffentlichen Ärgernisse hatten deutlich nachgelassen, ein sogenannter „Angstraum“ hat aufgehört zu existieren.

Im Jahre 2000 konnte durch ein Bündnis von Jugendstadtrat, Kirchen, Solinger Appell und sozialpolitisch Engagierten die von CDU und FDP beabsichtigte Verschärfung der Straßenordnung verhindert werden. Foto: tacheles Titel Nr. 18, Sommer 2000

Im Jahre 2000 konnte durch ein Bündnis von Jugendstadtrat, Kirchen, Solinger Appell und
sozialpolitisch Engagierten die von CDU und FDP beabsichtigte Verschärfung der Straßenordnung verhindert werden.
Foto: tacheles Titel Nr. 18, Sommer 2000

Jetzt zu heute:
Wieder steht die Forderung ordnungspolitisch aufzurüsten. Sehr viel stärker als damals.
Die Forderung nach ordnungspolitischer Aufrüstung ist heute allerdings nicht begleitet durch den Aufbau sozialer Hilfestrukturen.
Ganz im Gegenteil, die Jugend- und Drogenberatung anonym e.V. hat aus finanziellen Gründen ihr Angebot aus Kontaktladen und Streetwork drastisch reduzieren müssen. Selbst die Zukunft dieses Minimalangebotes ist unsicher.
An dieser Stelle wird aus nicht intelligenter Ordnungspolitik dumme, kurzsichtige Ordnungspolitik. Dumm deshalb, weil nicht auf die positiven Erfahrungen aus der Vergangenheit zurückgegriffen wird. Erfahrungen, die nicht irgendwo theoretisch am grünen Tisch gemacht wurden, sondern sehr praktisch und sehr erfolgreich in der eigenen Stadt.
Dumm nenne ich diese Politik, weil sie sich weigert aus diesen Erfahrungen zu lernen. Wie ist das Stichwort, wer nicht lernen will, bleibt dumm. Oder er versteckt sich hinter einer Ideologie. Letzteres gehört nicht zu dem Sprichwort. Könnte aber durchaus ein Grund sein, sich dumm zu stellen.
Aber etwas Versöhnliches und Optimistisches zum Schluss.
Menschen sind generell lernfähig und lernen macht klug.
Lernen kann auch Politik klüger machen.
Thomas Müller