Neue Regelung bei den Kosten der Unterkunft für Hilfeempfänger ist immer noch unzureichend

Um 11,50 Euro erhöhte jetzt die Stadt Solingen die Mietobergrenze für einen EinPersonenhaushalt mit maximal 50 Quadratmetern, von 337 auf 348,50 Euro Bruttokaltmiete (kalte Grundmiete und kalte Nebenkosten).

Die Ein-Personen-Haushalte bilden mehr als 50 Prozent der Bedarfsgemeinschaften beim Arbeitslosengeld II. Wie sich für Mehr-Personen-Haushalte die Richtwerte erhöhten zeigt die nachstehender Tabelle:

Obwohl die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften (insgesamt 7291), welche wegen nicht angemessenen Unterkunftskosten vom Jobcenter bei der Miete gekürzt wurden, mit insgesamt 1085 um 152 niedriger war als im Mai 2017, wird sich diese geringfügige Erhöhung kaum auswirken. In der Zwischenzeit stiegen die Grundmieten und Nebenkosten weit mehr. Drastische Mieterhöhungen gab es bei der LEG (Hegelring, Kannenhof), Grand City (Hasseldelle), dem Beamtenbauverein und bei Degenhof Immobilien, um nur einige Wohnungsgesellschaften zu nennen. Unter Berufung auf die neu und höher berechneten Mieten des aktuellen Solinger Mietspiegels haben zahlreiche Vermieter ihre Mieten nach oben angepasst. Außerdem rechnen Vermieter bei Neuvermietungen schon die Erhöhung der Grundsteuer B und die Wasserpreiserhöhung zum 1.1.2018 um fünf Cent pro Kubikmeter in die Nebenkosten ein, so dass es kaum möglich wird, eine angemessene neue Wohnung zu finden. Das bedeutet, dass noch länger aus dem Regelsatz zum alltäglichen Leben zur Miete hinzu gezahlt werden muss und der Weg in die Verschuldung vorprogrammiert ist.

Das System KdU ist nicht schlüssig

Rechnet man die Hilfeempfänger des Sozialamtes bei der Grundsicherung im Alter oder Erwerbsunfähigkeit hinzu, müssen geschätzt etwa 2300 HilfeempfängerInnen zur Miete selbst hinzu zahlen, was in der Regel ein Leben weit unter dem Existenzminimum bedingt. Bei Ein-Personen-Haushalten ist da die Kürzung der Miete, um durchschnittlich 75 Euro, am höchsten. Zu den 1085 Bedarfsgemeinschaften, welche aus einer und mehreren Personen bestehen können, kommen noch 1401 Bedarfsgemeinschaften hinzu, deren Unterkunftskosten zwar höher sind als die festgelegten Mietobergrenzen, die aber nicht hinzu zahlen müssen, weil das Jobcenter die höhere Miete akzeptiert und als angemessen deklariert hat. Gründe hierfür sind zum Beispiel dann gegeben, wenn der Umzug unwirtschaftlich oder wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit eines Familienangehör-igen unzumutbar wäre. Zählt man zu diesen 1401 Bedarfsgemeinschaften noch die 1085 hinzu, welche zur Miete selbst hinzu zahlen müssen, ergibt sich, dass 34 Prozent der gesamten Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaften in Solingen in nicht angemessenen Wohnungen leben. Ein solches System, in das mehr als ein Drittel nicht hinein passt, kann nicht funktionieren und schlüssig sein. Daran ändert auch nichts, wenn das Jobcenter feststellt, dass in 2017 etwa 700 Zustimmungen zur Anmietung von angemessenem Wohnraum erteilt wurden. Darüber, wie viele Hilfeempfänger vergeblich nach angemessenen Wohnungen gesucht haben oder wie viele Unterkunftskosten wegen eines nicht genehmigten Umzuges gekürzt wurden, gibt es keine Zahlen. Jeder kann aber selbst die Probe aufs Exempel starten, indem er die angemessene Grundmiete in eine Suchmaschine wie zum Beispiel Immo-bilienscout eingibt oder die Mietangebote in den Tageszeitungen durchforstet.
Der Vergleich der Mietobergrenzen für die Bruttokaltmiete von Grundmiete und Nebenkosten ohne Heizkosten von neun Städten zeigt, dass Solingen für Ein-PersonenHaushalte mit Abstand den niedrigsten Wert hat:

In vier Monaten soll das Solinger Jobcenter aktuelle Zahlen über die Entwicklung bei den Kosten der Unterkunft vorlegen. Wenn sich mit der neuen Regelung die Zahlen der Mietsenkungen dann nicht wesentlich verbessert haben, müssten die Obergrenzen eigentlich weiter angepasst werden. Im nächsten Jahr steht eine generelle Erarbeitung des im Jahr 2014 von der Hamburger Firma Analyse & Konzepte, erarbeiteten Schlüssigen Konzeptes zur Bestimmung der Angemes-senheitsgrenzen an. Hier wird es entscheidend sein, dass die Stadt nicht wieder die gleiche Firma beauftragt, deren Geschäftsmodell wird nämlich inzwischen von verschuldeten Städten als Angebot für eine besonders restriktive Berechnung dieser Grenzen geschätzt.

Frank Knoche