Sturmangriff des bekannten Rechtsaußen gescheitert
In einem offenen Brief an das Solinger Tageblatt und die Solinger Morgenpost vom 01.03.1996 beklagte sich der Solinger Bauunternehmer Günther Kissel bitterlich über eine „Rufmord-kampagne“, die „von linksradikaler Seite“ gegen ihn angezettelt worden sei: Man bediene sich dabei „faustdicker Lügen“ und „verdrehter Tatsachen“ und wühle „Banales aus längst vergangenen Zeiten“ auf.
Ob das, was Kissel mit „längst vergangenen Zeiten“ in Verbindung bringt, wirklich so „banal“ ist, sei mal dahingestellt – immerhin eröffnete der Verbitterte in demselben Brief, daß nicht etwa irgendwelche „unverantwortlichen Dummköpfe“, sondern ein „bekannter“ Solinger Studienrat „die Hauptarbeit“ bei der „Dokumentation über einen ehrenwerten Bürger, Faschisten hinter demokratischer Fassade“ geleistet habe. Es kann nur empfohlen werden, diese Dokumentation einmal zu lesen. ledeR kann sich selbst ein Bild davon machen, ob die gegen Kissel erhobenen Vorwürfe, er sei ein Freund und Gönner rechtsradikaler Kreise und ein glühender Verfechter rechtsextremen Gedankenguts, zutreffen oder nicht
Beileidigungskannonaden…
Kissel selbst, dessen pathetische Lobreden auf den zu lebenslänglich verurteilten Nazi-Mörder Weise selbst beim Bundesgerichtshof bestens bekannt sein dürften, hüllt sich über die Vorwürfe als solche in Schweigen. Stattdessen läßt er sich in Beschimpfungen aus gegen alle, die seine politische Haltung als verwerflich oder gefährlich einstufen – das geht von „roten Chaoten“ über die „Grünen“ bis hin zu „leider auch unserer Lokalpresse“, sie sich „völlig unnötigerweise“ „an dem linken Meinungsterror gegen Kissel“ beteilige.
| Indem er aber versucht, die Sachlage hinter Beleidigungen gegen andere zu verstecken, liefert j er selbst den besten Beweis, daß ihn die Gegner seiner rechten Machenschaften an seinem wunden Punkt getroffen haben. Daß er ein antizionistischer rechter Agitator ist, auf dessen Druck auch die Stadtväter in die Knie gehen, bewies er selbst, als er verhinderte, daß ein von seiner Firma errichteter Sozialbau-Komplex nicht nach Ness Ziona, Solingens Partnerstadt in Israel, benannt werden durfte.
… und Drohungssalven …
Nach allem ist auch kaum verwunderlich, daß er auf die Recherchen und begründeten Vorwürfe i gegen ihn nur mit Beschimpfungen antworten | kann. Wenn er überhaupt argumentiert, hat er bislang nur ein einziges armseliges „Argument“ auf Lager: Ich habe viel Geld, und das muß die j Stadt gefügig machen. Originaltext in Kissels .Offenem Brief“:
.Die Stadt Solingen umarmt jeden, der als Unternehmer die Absicht hat, sich in unserer Stadt niederzulassen. Aber ein alteingesessener Bür-
ger mit seinen Unternehmen, die über 100 Jahre Familientradition haben, den läßt man in übelster Weise beschmutzen und dann im Regen stehen. …
Sicherlich würde der Herr Oberstadtdirektor Deubel dann erfreut sein, wenn er auf die Zahlung der Gewerbesteuer der Kissel-Firmen verzichten muß und ähnlich Freude wird die evangelische und katholische Kirche in Solingen haben, wenn die Zahlung der Kirchensteuer von Günther Kissel (ev.) und Reginan Kissel (rk) und der Kissel-Mitarbeiter entfallen würde. Vorstehende Fakten habe ich Ihnen, meine Damen und Herren, zur Kenntnis gebracht, weil wir alle sicherlich damit rechnen müssen, daß sich die schwierige wirtschaftliche Situation in Deutschland und damit auch in der Stadt Solingen in nächster Zeit noch verschärfen wird. Die Bauwirtschaft schlittert noch in eine besonders kritische Lage und dies wird viele Firmen in Deutschland in den unverschuldeten Konkurs treiben.
Wie soeben bekannt wird, mußte eine Tiefbaufirma aus Wermelskirchen Vergleich anmelden und an die 100 Mitarbeiter freistellen.“
Anlaß dieses offenen Kissel-Briefes war die von SOS Rassismus mitveranstaltete „Aktionswoche gegen Rechts“, ganz besonders aber die Schlußveranstaltung „Rechte machen Kasse“ vom 25. Februar. Hier war es unter anderem auch um die ganz verständliche Frage gegangen, ob es wirklich recht und billig ist, daß die Stadt Solingen den Kissel-Firmen einen Bauauftrag nach dem anderen erteilt – wie der Bundestagsabgeordnete Berti, ein „kultivierter SPD-Mann“ (Kissel), und auch der Bündnisgrüne Daams das Publikum zu belehren suchten. Die Diskussionsteilnehmer waren da teilweise gegenteiliger Meinung.
… die nach hinten iosgehen
Die ganze Veranstaltung war Kissel natürlich ein Dorn im Auge, und so war es nichts Ungewöhnliches für ihn, die Veranstalter einfach als Urheber von Morddrohungen zu bezichtigen – zunächst noch in seinem offenen Brief:
„Zur gleichen Zeit, also kurz vor und während der Aktionswoche, dachten sich diese liebenswerten Herrschaften“ – gemeint waren SOS Rassismus e.V. und die übrigen Mitveranstalter der Aktionswoche – „noch etwas Neues aus: Es wurde in der Innenstadt… an Hauswände und in der Karstadtpassage folgendes Sprüchlein’… aufgesprüht: Tötet Onkel Kissel! Eine große Scheibe im Bürokomplex Kissel-Rapid wurde durch Pflastersteinwurf beschädigt.“
Obwohl auch Kissel völlig klar gewesen sein dürfte, daß SOS Rassismus sich grundsätzlich von Gewalt distanziert, versuchte er einige Tage später, am 06.03.1996, in drei weiteren Briefen SOS Rassismus e.V. beim Arbeitsamt, beim Stadtkämmerer und bei den Ratsparteien als eine Vereinigung terroristischer Drahtzieher zu
denunzieren, um die Stadt zu nötigen, dem Verein die Geldmittel zu entziehen: „Ich kann es einfach nicht glauben, daß man bei einer Vereinigung, die nichts positives für die Stadt und die Bürger leistet, bei der derzeitigen Haushaltslage der Stadt Solingen, solche Beträge tatsächlich zur Verfügung stellt. Bisher hat sich diese Vereinigung durch üblen Meinungsterror bekannt gemacht und jetzt geht es schon in Richtung Terrorismus oder wie soll man Morddrohungen klassifizieren?“
SOS Rassismus ließ diese Anwürfe Kissels nicht auf sich sitzen, ging vor Gericht und erwirkte einen rechtsgültigen Beschluß des Amtsgerichts Solingen, in dem es heißt: „Dem Antragsgegner (Kissel) wird aufgegeben es zu unterlassen, wörtlich oder sinngemäß die folgenden Behauptungen über den Antragsteller (SOS Rassismus) und dessen Mitglieder aufzustellen und/oder zu verbreiten:
a) Die Vereinigung SOS Rassismus in Solingen übe keine positive Tätigkeit für die Stadt und ihre Bürger aus, sondern betätige sich im üblen Meinungsterror, der sich inzwischen zu terroristischer Tätigkeit wandelte.
b) Der Antragsteller starte Mordaufrufe.
c) Der Antragsteller bestehe aus linken Chaoten. Dem Antragsgegner wird angedroht, daß für jeden Fall der Zuwiderhandlung und für jeden Fall einer Beleidigung ein Ordnungsgeld von DM 60 000 und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.“
Hoppla, Günther.
Otto Mann