MeisterInnen der Verdrängung

Verdrängung ist ein Schutz, um so manche belastende Informationen nicht wahrnehmen zu müssen. Das Lästige und das allzu Belastende wird somit ausgeblendet, so als wäre es nicht existent.

Was eigentlich für den Prozess der psychischen Gesundheit sinnvoll ist, kann sich aber auch als höchst gefährlich erweisen. Dann nämlich, wenn alarmierende und lebensbedrohende Geschehnisse aus der Wahrnehmung ausgeblendet – verdrängt – werden.

Als ich 1984 mit 16 Jahren, vom Waldsterben hörte, war ich entsetzt. Es kam mir so bedrohlich vor, daß ich es im ersten Moment für absurd hielt, weiter in die Schule zu gehen und nichts dagegen zu tun. Als ich meinen Eltern vom Waldsterben und dem sauren Regen erzählte, hielten sie mich für eine Spinnerin. Das wäre doch alles Quatsch. Mittlerweile hält eine/n keine/r mehr für eine/n SpinnerIn, wenn mensch vom Waldsterben erzählt. Das Waldsterben wird nun offiziell bestätigt. Aber dagegen getan wird noch immer nichts.

Auch ich hatte mit der Zeit alles wieder verdrängt. Den ganzen Frust in die hinterste Ecke meines Gehirns vergraben und bloß nicht mehr genau hingeguckt. So wie es den meisten ergangen ist, denen das Waldsterben irgendwann mal bedrohlich präsent geworden ist.

Vor einigen Monaten sah ich ein Video über das Waldsterben. Es war von 1991. Es wurde gesagt, daß es in 10 – 20 Jahren, also spätestens 2011, keine Bäume in Deutschland mehr geben werde, wenn das so weiter gehe wie bisher mit der Umweltverseuchung. Und seit 1991 geht es nun so weiter. (Zugelassene Autos gibt es sogar noch mehr und immer mehr Verkehr wird von den Schienen auf die Straße verlegt und die Massentierhaltung mit der massenhaften todbringenden Gülle für alles Grün gibt es immer noch etc. etc.) Schon 1991 mussten Trinkwasserreservoirs in Deutschland wegen der aus dem Boden ausgeschwemmten Schwermetalle und Nitrate als unbenutzbar geschlossen werden.

Jedenfalls war seit diesem Video nichts mehr mit Verdrängung für mich. Wenn ich nun spazieren gehe / radfahre, fallen mir diese vielen, vielen toten Bäume auf. Mir fallen auch diese irrsinnsvielen todgeweiht kranken Bäume auf, durch deren lichte Kronen der Himmel gut sichtbar ist, die kaum noch Blätter an den Ästen haben. Mir fallen Massen von Ästen und Zweigen auf, die bei gesunden Bäumen durch das Blattwerk verdeckt wären. (Die sind natürlich bei 120 km/h auf der Autobahn nicht zu sehen; von weitem kann zudem die Welt noch in Ordnung scheinen. Nur bei näherer Betrachtung wird das Ausmaß des großen Sterbens sichtbar.) Mir fallen nun der Pilzbefall der Äste, die toten Äste zwischendurch und die von Schadstoffen braun gekrümmten Blätter auf. Und ich sehe den Anfang August (!) einsetzenden Herbst. Dort wo ich wohne, sind auch schon alle Kastanienbäume seit Anfang August gelb/braun, haben von Schadstoffen aufgerollte Blätter. Der schöne Biergarten vom ”Café Merlin” mit im Juli noch schöner (wenn auch schon geschädigter) Kastanie, wurde mir auch verleidet, Anfang August waren dort auch schon die meisten Blätter unten. Wir saßen in dünnen Sommerkleidern dort und um uns war es schon Herbst. Der Tod geht um. Aber auch andere Baumarten hüllen sich nun schon in herbstliches Gewand. Viele Blätter werden auch nicht mehr herbstlich golden, sondern fallen durch ihre schadstoffbraune Färbung auf. Und das alles Anfang August! Als ich noch Jugendliche war, färbten sich die Blätter erst ab Oktober.

Auch die heftigen Temperaturschwankungen von kalt nach brüllend heiß fallen auf, genauso wie die immer heftiger werdenden Schauer. Die Hitzetoten dieses Jahr in Europa kommen auch nicht von ungefähr. Aber weder beim Überschwemmungsdesaster an der Oder noch bei dem in China, weder bei den Hurrikans in Amerika noch bei den Windschäden hier in Deutschland noch bei dem Erdrutsch am Brenner wird in den Nachrichten hier auch nur ein Wort über die Ursachen, über die Klimakatastrophe und deren Entstehung verloren. Ist etwa die Mafia am Werk? Die Wahrheit wird durch Verschweigen vertuscht und so müssen auch keine Konsequenzen aus der Wahrheit gezogen werden. Konsequenzen, die nun dringend nötig wären. Ein einmal geändertes Klima, ein einmal toter Wald, eine einmal tote Erde mit toten Menschen sind nicht mehr rückgängig zu machen.

Seitdem ich nun nicht mehr in dieser Hinsicht verdränge, muß ich zugeben, daß ich Angst habe. Eine Irrsinnsangst. In 10 – 20 Jahren, 2011 ohne Bäume in Deutschland (wie 1991 schon in weiten Teilen der CSSR)? Will ich dann noch leben? Leben um jeden Preis? Und wenn ja, kann ich dann noch leben? Wenn ich nun radfahre, ist es unter den Schatten der Bäume direkt wesentlich kühler. Was wird sein, wenn es keine schattenspendenden Bäume mehr gibt? Werden wir alle überschwemmt werden, weil das Eis der Pole schmilzt? Oder ”nur” die, die an den Küsten (also die Mehrheit der Menschheit) und in den Tälern leben? Wird dann noch anderes Grün, wie beispielsweise das Obst und Gemüse, von dem wir uns ernähren, wachsen können? Wie unerträglich wird die Hitze dann sein? Wieviele verwüstende Stürme werden uns heimsuchen?

10 – 20 Jahre seit 1991 sind verdammt kurz. Und wenn ich mir die Bäume so ansehe, wirklich hingucke, glaube ich, sie haben recht in dem Video. 2011 bin ich 42 Jahre alt. Und was ist mit dem Kind, welches ich gerne kriegen möchte? Oder sollen wir uns nicht lieber doch darauf einigen, daß das alles Unsinn ist, so wie meine Eltern es damals vom Waldsterben glaubten? Und die Augen ganz fest zukneifen. So wie die vielen anderen, die für ihr noch nicht gebautes Haus leben, das bald in einer verseuchten Wüste stehen wird.

Aber wer – wenn wir alle weiterhin die Augen ganz fest zukneifen, wer – wenn wir weiterhin die Wahrheit verleugnen (vor uns selbst und vor anderen) – wer wird dann Protest erheben? Wer wird, wenn wir weiterhin die Wahrheit verleugnen, etwas gegen diesen lebensbedrohenden Wahnsinn tun?

Ich bin nun Mitglied bei Greenpeace und bei Robin Wood geworden und wenn ich auch noch nur ein passives Mitglied bin, ist dies besser, als wäre ich es nicht. Bei Greenpeace kostet die Mitgliedschaft im Jahr für Auszubildende / SchülerInnen / StudentInnen nur 30,00 DM (vielleicht auch für Sozialhil-feempfängerInnen?) und für ”Normalverdienende” 100,00 DM, ein Betrag darüber hinaus ist natürlich freigestellt.

Bei Robin Wood kostet ein Mitgliedsbeitrag im Jahr für Auszubildende /  Schüler-Innen / StudentInnen (Sozi-alhilfeempfängerInnen?) 50,00 DM, für ”Normalverdienende” 100,00 DM.

Also Leute, 30,00 bis 100,00 DM im Jahr sind nun wirklich nicht viel, auch wenn der Geldbeutel eng ist. Ich sehe es als eine Art versuchte Zukunftssicherungsinvestition, die eben absolut nötig ist. Je mehr Menschen etwas tun, je mächtiger die Umweltorganisationen werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, diesen Wahnsinn, der nun abläuft, stoppen zu können.

Hier die Telefonnummern und Anschriften der Vereine (Ihr braucht nur anzurufen, Eure Adresse zu nennen und schon kriegt Ihr Infomaterial und den Antrag auf Mitgliedschaft zugesandt).

Greenpeace e.V.
Fördererservice
22745 Hamburg
Tel. 040/30618 – 222
http://www.greenpeace.de

Robin Wood
Geschäftsstelle
Langemarckstr. 210
28199 Bremen
Tel.: 0421/598 288
http://www.umwelt.org/robin-wood/
Die grüne Lunge