Castor-Behälter werden in Solingen galvanisiert

Das schon seit einiger Zeit als Gerücht umlief, entpuppte sich jetzt als Realität: In der Klingenstadt werden die Castor Behälter galvanisiert!

Am 7. Mai hat die französische Regierung den Castor-Schienen-Transport von und nach La Hague, dem Standort der von deutschen Kernkraftbetreibern mitgenutzten atomaren Wiederaufbereitungsanlage, erstmal gestoppt. Waggons und Transportbehälter sollen mit Kobalt 60 verstrahlt sein. Umwelt-, und Atomministerin Angela Merkel wurde von französischer Seite über die jetzt erst festgestellte radioaktive Verstrahlung bei den Atom-Transporten u.a. auch aus deutschen Atomkraftwerken informiert und hat im Namen der Bundesregierung erklärt, daß sie keine Erklärung für die Verstrahlung habe. Auf deutscher Seite hat man es offenbar nicht für nötig gehalten, entsprechende Kontrollen und Messungen, wie in Frankreich geschehen, durchzuführen.

In England wurde ein Transportverbot für bisher benutzte Behältertypen (NTL 11) erlassen. Am 20. Mai meldete das niedersächsische Umweltministerium, daß in der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield bei aus Deutschland stammenden Atommüll-Behältern gleichfalls eine Verstrahlung von zehn bis zwanzig Becquerel je Quadratzentimeter gemessen wurde. Zulässig sind vier Becquerel pro cm2.

Die tacheles-Redaktion wollte angesichts dieser bedrohlichen Entwicklung von besagter Solinger Firma wissen, welche Sicherheitsgarantien sie für ihre Castor-Technik geben kann. Die erste telefonische Stellungnahme eines Mitgliedes der Geschäftsleitung jedoch gab außer Drohungen (“Darüber wollen wir aber keinen Artikel in der Zeitung haben. Das dürfen Sie nicht. … Wer gibt Ihnen das Recht, darüber zu schreiben?”) nicht viel her. Danach kam es jedoch doch noch – insbesondere als von unserer Seite versichert wurde, daß wir den Sicherheitsbedürfnissen der Firma Rechnung tragen werden – zu einem überraschend sachlichen Gespräch mit dem Geschäftsführer Klaus W.

Der expandierende Betrieb beschäftigt zur Zeit achtzig Mitarbeiter und verfügt über eine weltweite Patentierung seiner Galvanisierungs-Technik. Bei 16 Millionen Mark Jahresumsatz sind die Hauptkunden die Gesellschaft für Nuklearservice in Essen und die Gesellschaft für Nuklearbehälterbau in Mühlheim, auf die vor einiger Zeit ein Brandanschlag verübt wurde. Der Solinger Zuliefererbetrieb für die Castor-Produzenten galvanisiert ausschließlich neuwertige Teile entweder für die zur Zwischenlagerung (ca. 40 Jahre) oder zum Transport vorgesehenen Castor-Behälter. Ob diese sowohl als auch für Transport und Zwischenlagerung verwendet werden, darüber konnte (oder wollte) Klaus W. keine Auskunft geben.

Darüber, daß selbst bei sofortiger Abschaltung aller Atomkraftwerke, das Problem der Entsorgung des Atommülls uns noch Jahrzehnte beschäftigen würde und dafür möglichst sichere technische Lösungen genutzt bzw. entwickelt werden sollten, waren sich alle am Gespräch Beteiligten einig.

Die Castor-Technik sei nach Meinung des Technikers Klaus W. zur Zeit zwar die teuerste, aber eben auch die beste Lösung. Nicht umsonst hätten sich selbst die Amerikaner für Castor-Behälter entschieden.

Der Geschäftsführer geht davon aus, daß die nachgewiesene Verstrahlung an der Außenfläche der Behälter und am Boden der Waggons der Castor-Transporte nicht aus dem Inneren der “Fässer” kommen kann. Diese Theorie wird u.a. auch von Professor Elmar Schlich, der in den 80er Jahren selbst an der Entwicklung von “Castoren” mitarbeitete und heute Anti-Atom-Gruppen als Gutachter berät, gestützt. Schlich hält “Schlamperei” bei der Reinigung und der Freimessung der Behälter durchaus für möglich. Die Frankfurter Rundschau vermutet, daß die Atombehälter durch die mehrjährige Lagerung in belastetem Wasser in den internen Becken der AKW´s verseucht wurden. Nach der Unterwasserbeladung wurden jetzt nämlich Überschreitungen des Becquerel-Grenzwertes um mehr als das 3000fache gemessen.

Im Übrigen versicherte Klaus W., daß seine Firma keinerlei Forschungs- und Entwicklungszuschüsse aus öffentlichen Geldern in Anspruch genommen habe. Auf die Bautätigkeit der Firma des Volksverhetzers und Auschwitzleugners Kissel für seine Firma angesprochen, legt er Wert auf die Feststellung, daß er einen Baubetrieb aus dem Ruhrgebiet beauftragt habe, der – ohne sein Wissen – Kissel als Subunternehmer engagiert habe.

Frank Knoche

Kommentar

Wie sicher die zum Transport bzw. zur Zwischenlagerung von Atommüll benutzten Castorbehälter sind, kann ich nicht beurteilen. Fest steht nur, daß die Atomindustrie und die jeweiligen Regierungen uns bezüglich der Sicherheit immer wieder belogen haben. Es mag gewisse technische Lösungen für die Zwischenlagerung geben, und die brauchen wir auch, weil die “Suppe”, welche uns die AKW-Befürworter eingebrockt haben, real existiert und “ausgelöffelt” werden muß. Wer angesichts der ungelösten und wahrscheinlich unlösbaren Endlagerungsprobleme nicht den  schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergienutzung fordert, handelt für mich unverantwortlich. Und da hilft es mir wenig, wenn darauf verwiesen wird, daß Amerikaner und Russen für die Endlagerung ihres Atommülls in der Südsee, die ausgereifteste und sicherste Technik der Welt, die deutschen Castor-Behälter nutzen wollen. Ob es 30 000 oder 200 000 Jahre dauert, bis abgebrannte Brennelemente ihre Radioaktivität soweit verloren haben, daß sie keine unmittelbare Gefahr mehr darstellen, mir kann keiner erzählen, daß es für diesen Zeitraum eine technische Lösung gibt.

Deshalb gibt es nur eins: Abschalten! Und das so schnell wie möglich. Mit Sicherheit gibt das Probleme für unsere Energieversorgung, aber rechtfertigt das den Weg in die globale Katastrophe?

Frank Knoche