Mehr als 600 Menschen unterzeichneten in Solingen den unten dokumentierten Bürgerantrag gegen die von der Verwaltung unter Federführung des Beigeordneten Jan Welzel (CDU) erstellte Vorlage zur Verschärfung der Solinger Straßenordnung.
Der Caritasverband Wuppertal/Solingen e.V., die Jugend- und Drogenberatung anonym e.V. und der Jugendstadtrat lehnten die Verschärfung in einem offenen Brief, den wir anbei dokumentieren, entschieden ab. Weiterhin sprechen sich u.a. der Stadtjugendring, die Medizinische Hilfe Solingen und das Stadtdekanat Solingen explizit gegen eine Verschärfung aus. Diese Position wird unterstützt durch die sehr kritische Haltung von weiteren Wohlfahrtsverbänden, dem Forum Jugend und Soziales und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.
Auch die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen-offene Liste, BfS, Die Linke und FDP lehnten die vorgeschlagene Verschärfungs-Vorlage ab. Diese wurde in der Ratssitzung im Dezember 2018 zunächst zurückgezogen. Es ist zu erwarten und zu hoffen, dass die wesentlichen Verschärfungen, die insbesondere arme sowie junge SolingerInnen betreffen würden, bei der Ratsabstimmung von der politischen Mehrheit abgelehnt werden.
Bürgerantrag an den Rat der Stadt Solingen / gemäß §24 Gemeindeordnung NRW – Anregungen und Beschwerden zur Ablehnung einer Verschärfung der Straßenordnung für die Stadt Solingen
Die Unterzeichner fordern den Rat der Stadt Solingen auf, folgendes zu beschließen:
Eine Verschärfung der Straßenordnung für die Stadt Solingen wird abgelehnt. Die bisherige Straßenordnung behält ihre Gültigkeit.
Die bestehenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und die bisherigen Verordnungen der Stadt Solingen reichen aus, um ein gutes Zusammenleben in unserer Stadt zu gewährleisten. Der Umgang mit faktischen Belästigungen ist bereits bisher geregelt. Wenn aber alleine Begriffe wie „wiederkehrende ortsfeste Ansammlung von Personen“ ausreichen, dass Bedienstete des Stadtdienstes Ordnung dies mit bis zu 1.000 Euro Geldbuße bestrafen, kann im Prinzip jedes Zusammensein mehrerer Personen geahndet werden. Willkürlich würde dann entschieden, wann wer sich am selben Platz wiederholt aufhalten darf. Eine solche „Vertreibungspolitik“ ist menschenunwürdig. Zudem können Bußgelder und Ordnungsgelder von den meisten Betroffenen nicht bezahlt werden. Dies könnte in Folge zu Erzwingungshaft oder krimineller Geldbeschaffung führen.
Weitere vorgeschlagene Verschärfungen sehen außerdem eine Einschränkung der Nutzung des öffentlichen Raums (Straßenmusiker, Infostände) vor. Dies widerspricht unserer Auffassung, dass Solingen eher eine Belebung des bürgerschaftlichen Engagements und der Innenstadt insgesamt braucht.
Härtere ordnungsrechtliche, polizeiliche oder strafrechtliche Bestimmungen erhöhen vielleicht das subjektive Sicherheitsempfinden, bewirken aber in den meisten Fällen keine messbaren Vorteile für die öffentliche Sicherheit. Stattdessen sollten präventive Maßnahmen und die aufsuchende Sozialarbeit stärker ausgebaut werden.
Dietmar Gaida