Die Solinger Innenstadt wird heute geprägt durch die Architektur der 50er- und der darauf folgenden Jahrzehnte. Bis November 1944 jedoch präsentierte sie sich als fast geschlossenes Fachwerk-Ensemble. Dann wurde sie durch Bombardierungen ein Opfer der Folgen des Angriffskrieges des NS-Terrorregimes.Jetzt ist mit dem Haus Am Neumarkt 13 das letzte Fachwerkhaus im Zentrum der Innenstadt akut vom Abriss bedroht. Es besteht seit mindestens 1872. Lange war das Haus im Besitz der Gastwirte-Familie Wengenroth. Den Eingang am Haus Wengenroth gestaltete der Solinger Architekt Franz Perlewitz, der u.a. berühmte Musterbeispiele genossenschaftlichen Wohnens baute.
Heute befindet sich in dem Fachwerkhaus das türkische SpezialitätenRestaurant Fasil sowie seit zig Jahren eine der bekanntesten Grillstuben Solingens, beide betreiben gut besuchte Außengas-tronomien und tragen so auch in den Abendstunden zur Belebung des Neumarktes/Graf-Wilhelm-Platzes bei. Dieser Platz wurde 2005-2007 mit einer Millioneninvestition völlig umgestaltet. Erklärtes Ziel war dabei die Belebung des Platzes mit Außengastronomie, Markt, Sitzmöglichkeiten und Kinderspiel.
Jetzt möchte die Stadt-Sparkasse Solingen den Neubau ihrer Hauptstelle auf dem Sparkassenparkplatz Peter-Knecht-Straße und auf den Grundstücken der Gebäude Am Neumarkt 13-17 errichten. Es ist schlüssig, dass die alte Hauptstelle abgerissen statt umgebaut/saniert wird und dass im Bereich des SSS-Parkplatzes ein Neubau entstehen soll. Die Stadt-Sparkasse, deren Träger die Stadt Solingen ist, ist mit ihren hohen Ausschüttungen an soziale Einrichtungen und an die Stadt ein eindeutig zu unterstützendes Institut.
Dennoch widerspricht es den städtebaulichen Zielen für den Neumarkt, dafür ausgerechnet das Gebäude Am Neumarkt 13 mit seinen (Außen)-Gastronomie-Betrie-ben in Anspruch zu nehmen. Und es widerspricht der gestiegenen Wertschätzung der SolingerInnen für ihre historischen Gebäude, dafür an markanter Stelle ausgerechnet dieses Fachwerkhaus abzureißen.
Es wäre gut, wenn die Sparkasse sich für einen Zugang zum Neumarkt mit den Grundstücken der Gebäude Am Neumarkt 15-17 begnügen würde. Vielleicht greift sie ja wenigstens den Wunsch der grün-offenen Ratsfraktion auf, die Option des Erhalts des Fachwerkhauses beim Architektenwettbewerb offen zu halten.
Dietmar Gaida