Cannabis als Medizin

Zusammenstellung von Infos des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte

Am 9. März 2017 trat eine Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und des Sozialgesetzbuch V (SGB V) in Kraft.
Seitdem können Cannabisblüten sowie Zubereitungen in Form von Extrakten in standardisierter Qualität verordnet werden, die von den Krankenkassen erstattet werden.
Bisher wurden hauptsächlich die Fertigarzneimittel Sativex und Canemes verschrieben.
Etwa 1.061 Patienten hatten eine Sondererlaubnis nach § 3 Absatz 2 BtMG zum Erwerb von Medizinal-Cannabis.
Der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken erfolgt unter staatlicher Kontrolle.

Verordnung:

Die Verordnung erfolgt für Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung allerdings nur, wenn:
– eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
– eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.

Geregelt ist das in §31 Abs. 6 SGB V, wobei der Gesetzgeber es vermieden hat, die schwerwiegende Erkrankung näher zu definieren oder eine Indikationsliste aufzuführen.
Bei mehr als 80 % der Patienten, die bisher eine Sondergenehmigung hatten, wurde Cannabis gegen Schmerzen,bei ADHS oder Depression sowie Nebenwirkungen von Chemo-Therapien eingesetzt.

Umsetzung / Genehmigung:

Die Verordnung der Blüten und Zubereitungen kann durch alle zur Ausübung des ärztlichen Berufs befugte Personen erfolgen.
Die erste Verordnung zu Lasten der GKV muss von der jeweiligen Krankenkasse genehmigt werden. Dies gilt für Cannabisblüten, nicht zugelassenen Cannabisextrakt oder Dronabinol als Rezeptur oder Sativex oder Canemes außerhalb der zugelassenen Indikation. Patienten, die bis zur Gesetzesänderung eine Ausnahmegenehmigung hatten, müssen sich eine neue Genehmigung durch die Krankenkasse einholen.
Für den Fall, dass Sativex oder Canemes innerhalb der zugelassenen Indikationen bei MS, bzw. chemotherapiebedingte Emesis und Nausea erfolgt, kann die Verordnung direkt auf einem BtM-Rezept ohne Genehmigung erfolgen.
Für die Genehmigung sollte die behandelnde Ärztin, bzw. der behandelnde Arzt um eine Genehmigung bei der Krankenkasse bitten.

Die zuständige Krankenkasse wird in der Regel den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) um eine Stellungnahme bitten, der sich ggf. von der Praxis weitere Informationen einholt.
Die Genehmigung soll innerhalb von drei bis fünf Wochen (gemäß §13 Abs. 3a SGB V) oder bei Anwendung im Rahmen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) innerhalb von drei Tagen erfolgen.
Die Krankenkasse spricht die schriftliche Genehmigung gegenüber dem Versicherten aus, so dass aufgrund der Genehmigung das BtM-Rezept ausgestellt werden kann. Für Apotheken besteht derzeit keine Prüfpflicht, jedoch wird ihnen empfohlen, sich der Genehmigung zu vergewissern. Derzeit ist nicht geregelt, ob bei einem Wechsel der Zubereitung oder Dosierung eine neue Genehmigung ausgestellt werden muss.

Wie wird verordnet?

Cannabisblüten, die Zubereitungen und die genannten Fertigarzneimittel werden auf einem BtM-Rezept verordnet.
Bei Rezepturen muss eine eindeutige Dosierungsanleitung wie „3 x täglich 0,2 ml“ oder „gemäß schriftlicher Anweisung“ angegeben werden. Die Bundesapothekerkammer weist darauf hin, dass die schriftliche Anweisung in der Apotheke bekannt sein muss.
Für die Verordnung von Cannabisblüten gibt es im „Neuen Rezeptur Formularium“ (NRF) vier Rezepturvorschriften, jeweils zu Inhalation nach Verdampfung oder zur Teezubereitung. Die Blüten werden in der Apotheke zerkleinert, gesiebt und abgefüllt.

Bei der Verordnung muss die Sorte der Blüten angegeben werden, weil damit der THC-Gehalt festgelegt wird (Tabelle).
Ein Beispiel für eine vollständige BtM-Verordnung von Cannabisblüten:
Cannabisblüten [Sorte] (NRF 22.12) 3,0 g
1 x täglich abends 100 mg verdampfen und inhalieren

Ein Inhalator/ Vaporisator kann derzeit noch nicht als Hilfsmittel verordnet werden.
Die Höchstmenge beträgt 100 g Blüten in 30 Tagen. Wenn mehr verordnet wird (auch über mehrere Rezepte hinweg), muss das Rezept mit einem „A“ gekennzeichnet werden.

Für die Verordnung von Cannabisextrakt und Zubereitungen von Dronabinol gibt es fünf NRF-Vorschriften.

Ein Beispiel für eine vollständige BtM-Rezeptur ist:
Dronabinol-Kapseln 5,0 mg (NRF 22.7) 60 St.
2 x täglich 1 Kapsel zu den Mahlzeiten
Die Höchstmenge Dronabinol, die der Arzt innerhalb von 30 Tagen für einen Patienten verordnen darf, beträgt 500 mg.
Die Höchstmenge Cannabisextrakt – bezogen auf den Gehalt an 9-Tetrahydrocannabinol (THC), die der Arzt innerhalb von 30 Tagen für einen Patienten verordnen darf, beträgt 1.000 mg (1,0 g).

Aufklärung des Patienten:

Patienten müssen über die Anwendung und die Risiken der Einnahme von Cannabis und den Zubereitungen aufgeklärt werden. Wenn die zugelassenen Cannabispräparate Sativex und Canemes außerhalb ihrer Zulassung (off-label) verordnet werden, entfällt die Gefährdungshaftung des Herstellers. Dies gilt auch, wenn die zugelassene Höchstdosis überschritten wird.
Bei den Fertigpräparaten sind besonders die Kontraindikationen zu beachten, zum Beispiel eine bekannte Anamnese von Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörung. Zusätzlich muss der Patient über die vorgeschriebene, anonyme Begleiterhebung aufgeklärt werden. Das Informationsblatt des BfArM (siehe Anlage) muss dem Patienten ausgehändigt werden.