Der Bus-Verkehr braucht dringend eine starke Lobby

Weitere Kürzungen, insbesondere im Abendverkehr, sind geplant

Schon seit September 2016 leistet die BI „Solingen gehört uns!“ Widerstand gegen geplante Kürzungen beim Solinger Busfahrplan. Im Rahmen der Haushaltsberatungen für das Jahr 2017 kamen die Pläne ans Tageslicht.
Es folgte der Ratsbeschluss von Dezember 2016 über eine Deckelung der Zuschüsse auf € 9 Mio./Jahr und damit gleichzeitig eine Kürzung um zusätzliche € 700.000 jährlich. Die Abstimmung war geschickt eingefädelt worden: Wer dem Haushalt zustimmte, stimmte gleichzeitig für die Kürzung/Deckelung beim ÖPNV. Umgekehrt: wer gegen die Kürzung/Deckelung stimmte, musste den gesamten Haushalt ablehnen. CDU, SPD, BFS, FDP und mit Bedenken auch die Mehrheit der grün-offenen Ratsfraktion stimmten für den Haushalt. Letztendlich lehnten dann nur Die Linke, zwei Mitglieder der grün-offenen Ratsfraktion, SG-Aktiv sowie zwei Einzelratsmitglieder den Haushalt ab.

Ohne jeden offiziellen Beschluss des zuständigen Stadtentwicklungsausschusses, ohne die Einbindung des Fahrgastbeirats und ohne Ankündigung wurde die Kleinbuslinie 688 zum 1. Januar 2017 ersatzlos gestrichen. Die Anwohner des Lochbachtals, am Eipaß, sowie in Nümmen wurden eiskalt überrascht! Ja, wer dann kein Auto hat… Erst fünf Monate später wurde für diese Bereiche ein Rumpfangebot beschlossen, das allerdings den Bereich Eipaß/Fürkeltrath weitgehend ohne Nahverkehrs-Anbindung belässt.

Als nächstes steht eine durchgehend stark ausgedünnte Taktung der 683 (Burg) und 684 (Widdert) auf dem Plan. Zur Krönung soll dann noch der Nachtexpress sonntags bis donnerstags wegfallen.
Alle von Dieselbussen angefahrenen Gebiete würden an diesen Tagen nach ca. 22:30 Uhr abgeschnitten: U.a. Meigen, Ketzberg/Abteiweg, Klinikum, Fuhr und Kannenhof. Der letzte Bus von Ohligs nach Aufderhöhe führe gegen 22:30 Uhr. Der letzte O-Bus führe gegen 23:30 Uhr.
Da braucht sich dann keine/r mehr Gedanken zu machen, wie sie/er abends nach Haus kommt – oder zur Schichtarbeit. Ohne Auto läuft bald gar nichts mehr…
Salami-Taktik: Stück für Stück werden die bereits 2016 geplanten Kürzungen im Busverkehr immer weiter umgesetzt.

Der Nachtexpress sonntags bis donnerstags ist akut gefährdet, auch Taktverschlechterungen
für die Busse der 683 und 684 sind geplant. Foto: Birgit Correns

Wie war das noch mit dem UN-Programm „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, an dem die Stadt Solingen teilnimmt? Eines der von der UN beschlossenen Ziele in diesem Programm lautet: „Bis 2030 den Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle ermöglichen und die Sicherheit im Straßenverkehr verbessern, insbesondere durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, mit besonderem Augenmerk auf den Bedürfnissen von Menschen in prekären Situationen, Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen.“
In diesem Rahmen setzt die Stadt jetzt auch auf die neuen BOBs, batteriebetriebene O-Busse, die streckenweise unabhängig von den Oberleitungen bestimmte Bereiche bedienen sollen.

Dafür fließen Fördergelder des Bundes in Höhe von € 15 Mio. an die Projektpartner, darunter die Stadtwerke Solingen. Angesichts solch hoher finanzieller Zuschüsse für dieses Vorhaben ist selbst die Deckelung des Zuschusses für den Busverkehr auf € 9 Mio./Jahr in den nächsten fünf Jahren ausreichend finanziert. Dennoch gibt es offensichtlich in Verwaltung und Politik starke Kräfte, die u.a. die Kahlschlagkürzungen im abendlichen Busverkehr jetzt durchsetzen wollen.

Festgestellt werden muss auch einmal ganz deutlich, dass eine große Mehrheit im Rat nicht auf den ÖPNV angewiesen ist. Somit hat der Öffentliche Personen-Nahverkehr auch nur eine sehr keine Lobby im Rat der Stadt Solingen. Diese kleine Lobby muss endlich mehr unterstützt werden, denn sie vertritt einen großen Teil der Bevölkerung: Kinder, SchülerInnen, Jugendliche, Behinderte und ältere Menschen, SchichtarbeiterInnen, und alle die, die kein Auto fahren können oder wollen, brauchen einen zukunftsfähigen ÖPNV, der wirklich allen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch öffentliche Mobilität ermöglicht!

Insbesondere Oberbürgermeister Tim Kurzbach muss jetzt sein Wahlversprechen einlösen, keine Kürzungen beim Solinger Busverkehr vorzunehmen!

Birgit Correns