Türkei: Nicht länger wegschauen — Menschenrechte achten!

Wir rufen, angesichts der sich in der Türkei dramatisch zuspitzenden Verletzung der Demokratischen- und allgemeinen Menschenrechte, mit der Folge eines drohenden Bürgerkrieges, dazu auf, nicht länger und vor allem nicht stillschweigend akzeptierend, wegzusehen. Seit 01.11.2015 ist durch die AKP–Regierung und Erdogan in den kurdischen Städten Cizre, Silopi, Nusaybin, Diyarbakir Sur, und Silvan der Ausnahmezustand mit Ausgangssperren verhängt worden. Durch Militär- und Polizeiangriffe sind nach Schätzungen mehrere hundert Zivilisten, darunter Kinder und alte Menschen, umgekommen. Etwa 200.000 Menschen sind auf der Flucht, Schulen wurden geschlossen, Leichen dürfen nicht beerdigt und Verletzte nicht behandelt werden. Gegen diesen Terror haben 1128 Wissenschaftler von 89 Universitäten einen Aufruf zur friedlichen Lösung des Konfliktes veröffentlicht. Erdogan und Ministerpräsident Davutoglu attackieren die Unterzeichner, als Staatsfeinde und Volksverräter. Laut der internationalen ärztlichen Friedensorganisation, IPPNW, droht ihnen Haft, Entlassung und Disziplinierung. Etwa 20 von ihnen wurden breits festgenommen.
Auch die Journalisten Can Dündar und Erdem Gül, die die Waffenlieferungen für den IS veröffentlicht haben, sitzen seit Monaten in Haft.*

Unsere Bundesregierung schaut hier weitgehend weg und toleriert stillschweigend diese eklatanten Verbrechen an den Menschenrechten. Der schon länger befürchtete Zusammenhang zwischen diesem Wegsehen und der Aufgabe, die Flüchtlinge in der Türkei festzuhalten, damit sie nicht zu uns kommen, wird immer erschreckender. Wir rufen Sie dazu auf: Informieren Sie sich über die Verhältnisse dort u. a. bei Amnesty International („Das unverhältnismäßige Vorgehen türkischer Sicherheitskräfte ähnelt kollektiver Bestrafung und setzt das Leben Zehntausender Menschen aufs Spiel“) und bei weiteren neutralen Quellen. Beschäftigen Sie sich, in Ihrem Umkreis, in Ihrem Verein, Ihrer Organisation,oder Partei, mit den Verhältnissen dort und bilden Sie sich eine eigene Meinung, auf deren Grundlage Ihnen ein angemessenes und Ihren Möglichkeiten entsprechendes Handeln sinnvoll erscheint. Wir befürchten, dass es zu einem Bürgerkrieg mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung kommt, welche auch Auswirkungen auf das Zusammenleben in unserem Land haben wird.

ErstunterzeichnerInnen:

Dr. M. Assemi-Kabir – Arzt; Birgit Correns; Reiner Daams; Ali Dogan – stellv. Betriebsratsvorsitzender; Helmut Eckermann; Bernhard Erkelenz; Dietmar Gaida – Ratsmitglied; Dr. Hans-Dieter Harbisch – Arzt; Elke Harbisch – Ärztin; Helmut Heide – Vertrauensperson Schwerbehinderte; Dr. Clemens Henrich – Arzt; Anke Jahnke – Betriebsratsvorsitzende; Dr. Wolfgang Kallenberg – Arzt; Dieter Keller – Ratsmitglied; Frank Knoche – stellv. Bezirksbürgermeister; Marcus Knoche; Susanne Koch; Roland Kopanka; Manfred Krause – Ratsmitglied; Rolf Leukel; Manuel Lisboa; Horst Müller; Dr. Martin Müller – Arzt; Josef Neumann – MdL; Enrique Pless – Ratsmitglied;
Müslüm Polat – Vorstandsmitglied Alevitischer Verein Düsseldorf; Hasan Sevinc – Vorsitzender Förderverein Städtefreundschaft Ovacik/Tunceli – Solingen e.V.; Ibrahim Solmaz – Vorsitzender Alevitische Kulturgemeinde Solingen und Umgebung e.V.; Bernhild Terhorst – Ärztin; Ursel Ullmann – SOS-Rassismus; Dr. Heinz Voigt – Arzt; Gerd Völpel; Gerhard Walsken; Dr. Gregor Weimbs – Betriebsrat;
und viele andere mehr

* Am 25.2. erklärte das türkische Verfassungsgericht die Verhängung der Untersuchungshaft gegen Dündar und Gül für nicht rechtens. Sie wurden daraufhin am 26.2. aus der Untersuchungshaft entlassen, Erdogan sagte öffentlich, er akzeptiere die Entscheidung des Gerichts nicht. Er hoffe, dass das Verfassungsgericht keine Entscheidungen mehr treffe, mit denen die Frage nach seiner Existenz und seiner Rechtmäßigkeit gestellt wird. Die Journalisten dürfen das Land nicht verlassen und der Prozess gegen sie wird geführt. Ihnen droht lebenslange Haft.