Über ein durchaus anerkennenswertes Motiv

Zum BesetzerInnen-Prozeß

Viele haben sie begrüßt, die Hausbesetzung an der Teschestraße, weil hiermit ein deutliches Zeichen gegen die Abrißpolitik der Stadt und privater Investoren gesetzt wurde und weil die Forderung nach selbstbestimmten Räumen auch für die „autonome” Szene in anderen Städten längst erfüllt ist.

Vier Hausbesetzerlnnen mußten aber dann doch ihren Kopf hinhalten. Denn die Stadt hatte Strafanzeige gestellt, und die „regierende SPD konnte sich nicht einmal nach dem von seiten der BesetzerInnen friedlichen Ende der Besetzung dazu durchringen zu signalisieren, daß sie eine Rücknahme des Strafantrages befürworte. So kam es am 3. und 8.8.95 zu zwei Prozeßterminen, die der Solinger Tagespresse jedoch keinerlei Erwähnung wert waren.
Vorgeworfen wurde den Angeklagten, „in das befriedete Eigentum eines anderen widerrechtlich eingedrungen zu sein. Was an den leerstehenden und dem Schicksal eines Parkplatzes geweihten Häusern „befriedet war, blieb unklar. Ein Angeklagter berichtete, daß er bis Dezember mit einem Mietvertrag in einem der Häuser wohnte, um dann ohne Ersatzwohnraum von der Stadt herausgeschmissen zu werden. Es war dann doch amüsant, zuzusehen, wie die Richter und der Staatsanwalt sich gegenseitig überschlugen, um die Peinlichkeit der Anklage deutlich zu machen: So wurde den Angeklagten seitens der Richter ein „durchaus anerkennenswertes Motiv zugebilligt, auch sei es „natürlich mißlich, wenn man aus der Wohnung geschmissen wird, um dann festzustellen, man habe „die Gesetze nicht gemacht. Ich muß sie nur anwenden. Der Staatsanwalt erkannte, daß die Angeklagten sich an der Hausbesetzung beteiligten, um „gegen die Wohnungspolitik der Stadt Solingen zu demonstrieren, und die Tat „Ausdruck des Unwillens gegen die Politik der Stadt Solingen gewesen sei. „Ein Motiv, das der Gesetzgeber leider unter den Paragraphen Hausfriedensbruch gestellt hat. Nun ja, zwischen 1990 und dem Zeitpunkt der Besetzung hatte die Stadt wieder 21 städtische Häuser mit 58 Wohnungen abgerissen, aber „es ist ja immer noch strafbar (Richter), Häuser zu besetzen. So wurden die Angeklagten dann jeweils zu 20 Tagessätzen auf ein Jahr zur Bewährung verurteilt.
Wer für die Prozeßkosten spenden will: Konto S. Sharkin, 49 04 86 – 432, Stichwort „Tesche“ beim Postgiroamt Essen.