In den 90ern bis nach der Jahrtausendwende waren Privatisierungen öffentlicher Daseinsvorsorge an der Tagesordnung. Stadtwerke – zumindest Anteile davon, Schwimmbäder, Rathäuser, Krankenhäuser, der Betrieb von Schulen –vieles wurde an private Investoren verscherbelt.
Nach den fetten Aufbaujahren in der Nachkriegszeit hatten sich viele Kommunen übernommen, im Glauben, dass es ewig so weiter geht mit dem Wirtschaftswachstum. Warnungen wurden einfach ignoriert.
Das Erwachen war für viele Kommunen sehr hart: Viele waren schlichtweg überschuldet. Zudem stellte sich immer mehr heraus, dass eine Privatisierung die Dinge nicht besser und billiger, sondern schlechter und teurer machte. Viele Erwartungen wurden von dieser Entwicklung enttäuscht und zunichte gemacht. Dazu gehören auch öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP), im englischen Public-Private-Partnership (PPP) genannt.
Unser Rathaus ist so ein ÖPP-Projekt: Ein Investor hat es für € 30 Mio. gebaut, für € 35 Mio. weiterverkauft, und die Stadt Solingen muss in 30 Jahren geschätzte ca. € 50 Mio. Miete zahlen, ohne dass ihr dann das Rathaus gehört.
Zum Glück folgte endlich ein Aufschrei in der Bevölkerung; die Menschen wollten die plötzlichen Spar-Orgien in Form von Verkäufen und Schließungen sensibler Bereiche der Daseinsvorsorge nicht mehr so einfach hinnehmen. So kam es schließlich unter dem Druck der BürgerInnen zu vermehrten Rückkäufen öffentlicher Daseinsvorsorge.
Alles gut jetzt? Nein – überhaupt nicht!
Das Spiel läuft jetzt anders: Scheibchenweise wird die gesamte Daseinsvorsorge darauf vorbereitet, um immer weiter privatisiert zu werden.
Der Druck kommt von der Bundesregierung:
Auf der einen Seite werden die Kommunen immer weiter und immer mehr durch die Bundesgesetzgebung eingeschränkt und zeitgleich zusätzlich belastet.
Auf der anderen Seite wird die „Schwarze Null“ gefordert – also keine weitere Verschuldung.
Klingt gut, ist es aber nicht. Der Druck wird nach unten, zu den Kommunen weiter gegeben. Dort winden sich die Ratsfraktionen wiederum in teilweise obskuren Verhandlungen um die am wenigsten tödliche Lösung der Schulden-Frage. Die Lösung ist, wie auch immer sie ausfällt, für die BürgerInnen selten produktiv.
Die Privatisierungsbefürworter haben leider nicht dazu gelernt und deshalb auch nicht aufgegeben, an das Positive einer Privatisierung zu glauben. Die PR-Maschinen der Investoren leisten ja auch keine schlechte Arbeit für ihr Geld.
Die verdeckte Privatisierungsmöglichkeit für das Betreiben von Autobahnen, möglicherweise auch Bundesfernstraßen, wurde durch eine Grundgesetzesänderung ermöglicht, die leider viel zu wenig Aufmerksamkeit auf sich zog. Dabei gibt es jetzt schon eine Klage der Betreiberfirma der „A 1 Mobil“ zwischen Hamburg und Bremen gegen die BRD wegen nicht erreichter Mautgebühren auf Schadensersatz in Millionenhöhe.
Und trotzdem kam die Grundgesetzänderung unbeachtet durch.
Es ist dringend notwendig, wieder mehr Zeit und Energie in die Erhaltung und Förderung der Daseinsvorsorge zu investieren – damit davon noch etwas übrig bleibt nicht nur für uns, sondern ganz besonders die uns nachfolgenden Generationen!
Birgit Correns