Gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und soziale Ausgrenzung

In Amsterdam tagen am 16. und 17. Juni die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Unter dem Titel “Maastricht II” soll weiter am Europa der Banken und Konzerne gebaut werden. Der unsoziale, undemokratische und militaristische Charakter der Europäischen Union soll mit einer Revision der Verträge von Maastricht noch verstärkt werden. So sollen die sozialen Dimensionen, wie Demokratie-, Umwelt- und Beschäftigungsbedingungen zu Lasten der Großteile der Menschen verschärft und auch neue Polizei- und Militärapparate installiert werden.  Die Regierungen wollen die Europäische Union damit im Kapitalinteresse effektiver machen.

Ein breites internationales Bündnis bereitet sich auf einen Gegengipfel in der niederländischen Metropole vor. Hunderte von Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfängerverbänden, Organisationen und Gewerkschaften in ganz Europa rufen auf zum Europamarsch gegen Erwerbslosigkeit, ungeschützte Beschäftigung und Ausgrenzung nach Amsterdam.

Diese Aktion soll darauf aufmerksam machen, daß sich in der EU die soziale Situation dramatisch verschlechtert hat, daß es im Europa der EU rund 20 Millionen Erwerbslose und über 50 Millionen unter der Armutsgrenze lebende Menschen gibt. In einem Kommuniqué der Konferenz “Maastricht-Europa und Strategien gegen Erwerbslosigkeit” an der VertreterInnen unterschiedlicher Organisationen in Mannheim teilnahmen, heißt es u. a.: “Europa steht an einem Scheideweg. Täglich fallen Tausende von Arbeitsplätzen globalen Konzernstrategien zum Opfer, die nur die Aktienkurse und Gewinne im Auge haben und in keinem Bezug mehr zu einem gesellschaftlichen Bedarf vor Ort stehen. Während die Zahl der Einkommensmillionäre seit 1994 um 30 Prozent gestiegen ist, hat die Zahl der Erwerbslosen den höchsten Stand seit 1932 erreicht. Schickanöse Gesetze wie das “Arbeitsförderungsreformgesetz” oder die Senkung der Sozialhilfe drücken immer breitere Bevölkerungsschichten unter die Armutsgrenze. Die Kriterien, die im Maastrichter Vertrag zur wirtschaftlichen Angleichung enthalten sind, werden von allen Regierungen in der EU benutzt, unsoziale Maßnahmen durchzusetzen.

Der Krieg gegen Arme, Obdachlose und Flüchtlinge, ihre systematische Vertreibung aus den Innenstädten, um die Kehrseite der maßlosen Bereicherung nicht sichtbar werden zu lassen, fußen auf einer “Leistungsideologie”, die offen an menschenverachtendes und ausgrenzendes Verhalten der Besitzenden appelliert. Der soziale Egoismus und die offene Entsolidarisierung bilden auch den Nährboden für die zahlreichen rechtsextremen Demagogen, die Losungen wie “Deutsche zuerst” und Rassenhaß predigen.

Wir wissen, wir haben nur eine Chance, die sozialen Probleme zu lösen, wenn wir über die Grenzen der Nationalstaaten und auch die Grenzen der Europäischen Union hinaus die Solidarität all derer schaffen, die von Arbeitslosigkeit, Armut und Ausgrenzung betroffen und bedroht sind. Wir müssen endlich anfangen, europaweit zu handeln, um die Entwicklung zu stoppen und eine Angleichung der Lebensverhältnisse nach oben durchzusetzen.”

Diese Forderungen nach einem anderen Europa, in dem alle ein Recht auf einen Erwerbsarbeitsplatz  und  bedarfsgerechtes  Einkommen  haben,  ein  Recht auf  preiswerte  Wohnung,  Gesundheitsversorgung  und  Bildung, ein Recht auf freie Niederlassung für jeden Menschen nach seiner Wahl, gleiche politische und soziale Rechte und gleiche Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit zwischen den Geschlechtern sollen durch Märsche, die quer durch Europa verlaufen, thematisiert werden.

Die Märsche haben am 14. April in verschiedenen europäischen Ländern begonnen und enden am 14. Juni in Amsterdam bei einer europaweiten Demonstration zum EU-Gipfel. Dort soll ein Gegengipfel zum Treffen der Staats- und Regierungsoberhäupter stattfinden, auf dem Alternativvorstellungen zu Europa entwickelt werden. Geplant sind Konferenzen, Treffen, Vorträge, Demonstrationen und Kulturveranstaltungen. Es soll dargestellt werden, wozu europäische Zusammenarbeit tatsächlich genutzt werden kann, nämlich für ein demokratisches und soziales Europa, für eine durchgreifende Umwelt- und Beschäftigungspolitik. Wünschenswert wäre, wenn Euromarsch und Gegengipfel in Amsterdem einen ersten Meilenstein für eine gesamteuropäischen Bewegung für ein anderes Europa setzen würden.

Der erste Marsch in der Bundesrepublik startet am 1. Mai in Frankfurt / Oder, der zweite am 10. Mai in Basel und der dritte, eine Fahrraddemonstration, am 31. Mai in Demin / Mecklenburg. Der Marsch aus Basel trifft am 25. Mai mit TeilnehmerInnen aus Frankreich, der Schweiz und der BRD in Bonn ein. Hier gibt es also für alle KlingenstädterInnen Gelegenheit sich in den Marsch einzureihen.

Zora