Was wird aus dem Schwimmbad Vogelsang?

Die Bürgerinitiative „Solingen gehört uns!“ warnt erneut:
Ein PPP-Schwimmbad ist langfristig eine überteuerte und schlechte Lösung!


Die Skepsis ist allgemein gewachsen, dass ein neues Schwimmbad am Standort Vogelsang tatsächlich mit kommunalen Mitteln finanziert werden kann, wie es derzeit noch vorgesehen ist.

Der von der Stadt gestellte Antrag  auf Fördergelder vom Bund für Infrastrukturprojekte in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur wurde abgelehnt. Für das 140 Millionen Euro-Programm lagen dem Bundesministerium 130 Anträge in Höhe von insgesamt 2 Milliarden Euro vor.
Damit fällt ein Standbein zur Finanzierung des neuen Schwimmbads weg.

Es bleibt nur noch die Hoffnung auf eine Genehmigung für die Aufnahme von Sonderkrediten, die die Stadtspitze bei der Bezirksregierung Düsseldorf beantragt hat. Im Rahmen  dieser Sonderkredite hat die Stadtspitze für 2016 und 2017 insgesamt € 9 Mio. für den Neubau Vogelsang eingeplant.
Thomas Wolthoff, Geschäftsführer der Bädergesellschaft: „Wenn die Genehmigung nicht kommt, muss man sich Gedanken über ein Investorenmodell machen.“ (ST 27.01.2016)

Bereits Ende Januar 2015 machte sich die Solinger CDU und deren sportpolitischer Sprecher Frank Schütz für einen Neubau das Schwimmbad Vogelsang als PPP-Projekt stark – nach dem Vorbild des Allwetterbad Friesoythe.
Das Bauunternehmen Depenbrock aus Bielefeld hat das Bad in einer Öffentlich-Privaten-Partnerschaft für die Stadt Friesoythe geplant, gebaut und unterhält es für die kommenden 25 Jahre. Dafür zahlt die Stadt ab Fertigstellung eine „Miete“ an die finanzierende Bank. Dem Bauunternehmen zahlt sie zusätzlich einen regelmäßigen Betriebskostenzuschuss.
Friesoythe konnte den Haushalt kurzfristig um die Baukosten entlasten, legt langfristig möglicherweise aber viel Geld drauf, denn der Vertrag wurde als „Forfaitierung mit Einredeverzicht“ für 25 Jahre abgeschlossen

Achtung – hier liegen die Risiken in den PPP-Verträgen für Schwimmbäder:

„Forfaitierung mit Einredeverzicht“

„Forfaitierung mit Einredeverzicht“  ist ein kreditähnliches Rechtsgeschäft – stellt also eine  Verschuldung dar. Mit der Unterschrift des Oberbürgermeisters geht der Investor mit dem „Mietvertrag“ zur Bank und verkauft ihr die Mietforderungen. Die Bank schätzt den Gesamtwert der Mieten für die gesamte Laufzeit, in der Regel für 25 Jahre, und zahlt an den Investor den Gesamtbetrag sofort aus, bzw. verrechnet die Summe mit dem Baukredit und mit gewissen Abzügen. Das ist die „Forfaitierung“.

64-vogelsangDer Kredit:
Die Bank verlässt sich auf die Rückzahlungssicherheit der Kommune, welche vertraglich verpflichtet ist, Tilgung und Zins  in jedem Fall zu bedienen, unabhängig von den Leistungen der privaten Investoren.

Handelbar:
Der Kredit ist weiterverkäuflich, ein weiteres Risiko. Oft  geschieht dies zum ersten Mal unmittelbar nach Vertragsabschluss (wie beim PPP-Rathaus). Damit könnte sich das Schwimmbad plötzlich im Portfolio eines „Global Player“ wiederfinden.

Betriebskosten:
Die Konditionen für den Betriebskostenzuschuss  werden in einem geheimen Vertrag festgelegt. Mögliche Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit werden zwar einkalkuliert, übersteigen auf längere Sicht aber immer wieder die Erwartungen.
Kürzungen für Minder- oder Schlechtleistungen im laufenden Betrieb werden durch den „Einredeverzicht“ ausgeschlossen oder mit einem komplexen Rechtsweg enorm erschwert.

Nutzerfreundlichkeit:

Die Eintrittspreise würden bei einem PPP-Schwimmbad im Vergleich zum städtischen Vogelsang-Schwimmbad erheblich ansteigen.
Das Angebot für Reha-Sport könnte dagegen erheblich eingeschränkt werden.

Geheimhaltung:

Durch die übliche Geheimhaltung solcher Verträge kann vom Bürger nichts überprüft werden.

Kurzfristiger Vorteil – Langfristige Risiken:

Die gesamte Solinger Politik hat mittlerweile realisiert, dass der Neubau des Rathauses im Jahr 2008 als PPP-Projekt ein schlechtes Geschäft war: Die Stadt zahlt bis zum Ablauf der 30-jährigen Vertragslaufzeit fast doppelt so viel Miete wie der Bau gekostet hat – und dann gehört das Rathaus immer noch nicht der Stadt.  Der Vorteil, die Baukosten nicht auf einen Schlag erbringen zu müssen und am Haushalt vorbeischleusen zu können, wird damit langfristig sehr viel teuer.
Mit einem Neubau des Schwimmbad Vogelsang als PPP-Projekt wird es sich genau so verhalten – und aus Fehlern sollte man eigentlich lernen!
Die Landesrechnungshöfe haben übrigens schon mehrfach Fehler bei der Wirtschaftlichkeitsberechnung solcher PPP-Projekte kritisiert.

Alternative:

Sollte ein Neubau nicht finanziert werden können, muss ein Ratsbeschluss angestrebt werden, der dann eben doch die Sanierung des bestehenden Schwimmbads vorsieht. Ein weiteres PPP-Projekt in Solingen darf es auf keinen Fall geben!

Denn damit würden dem städtischen Haushalt langfristige Belastungen  durch eine millionenschwere Verschuldung mit unkalkulierbaren Risiken aufgebürdet. Außerdem würde damit ein weiteres Element der Daseinsvorsorge privatisiert.
Das lehnt „Solingen gehört uns!“ entschieden ab, denn Daseinsvorsorge gehört in Bürgerhand.

Die Bürgerinitiative „Solingen gehört uns!“ appelliert an die Solinger Politik, sich nicht noch einmal auf ein risikoreiches „PPP-Projekt“ einzulassen.
Sollte sich die Planung eines PPP-Projekts abzeichnen, wird bereits überlegt ein Bürgerbegehren dagegen in die Wege zu leiten!

(Englisch: PPP – Public Private Partnership , Deutsch: ÖPP – Offentlich Private Partnerschaft)

Birgit Correns