Solingen will „Global Nachhaltige Kommune“ werden. Dazu stehen die aktuellen Kürzungspläne bei den Bussen in völligem Widerspruch. Trotz massiver Proteste von SolingerInnen, Vereinen und allen betroffenen Beiräten will die Stadtspitze weiterhin stark bei den Bussen kürzen: Ein Abbau des Fahrplans ist u.a. vorgeschlagen abends, jenseits der Hauptlinien, bei 683 und 684. Der Kleinbus KB 688, der viele abgeschnittene Gebiete bediente, wurde schon – vorübergehend (?) ersatzlos – eingestellt.
Zum Haushalt 2017 wurde am 8.12.2016 ein fataler Beschluss gefasst: „Der Verlust im Verkehrsbereich der SWS GmbH wird mit dem ab dem 1.10.2017 gültigen Wirtschaftsplan auf maximal 9 Mio. Euro begrenzt.“ Bei keiner anderen Aufgabe der Stadt wird der Zuschuss um ca. 700.000 € gekürzt und zudem nicht einmal an die Inflation angepasst.
„Als erstes Maßnahmenpaket werden dem ASUKM die Einsparvorschläge des Fahrgastbeirates zur Beschlussfassung empfohlen.“
Der 2010 als Interessenvertretung der Busfahrgäste vom Rat gebildete ÖPNV-Fahrgastbeirat, dem Abo-KundInnen, Fahrgast- und Umweltverbände, Beiräte und Ratsfraktionen angehören, hatte den Sommerschulferienplan und kleinere Kürzungen mitgetragen. Er appellierte aber schon am 1.9.2016 einstimmig „keine weiteren Kürzungen beim Busangebot durchzuführen. (…) Die Fahrgäste des öffentlichen Personennahverkehrs haben ein Recht darauf, nicht weiter verunsichert zu werden durch ständig wiederkehrende Kürzungsdiskussionen.“ Am 28.11.2016 forderte er weiterhin, vor Änderungen des Nahverkehrsplans (NVP) die betroffenen Bezirksvertretungen zu befassen und in den Stadtbezirken Bürgerversammlungen durchzuführen.
Mit der Einführung des Sommerschulferienplans in 2016 werden 70.000 Bus-km/Jahr weniger gefahren. Bei der von der Stadt selbst angandten Berechnung („je km = 2,06 €“) würde das 144.000 €/Jahr ausmachen. Die Stadt sieht hier aber nur eine Einsparung von 76.000 €/Jahr. Da der Sommerschulferienplan „bereits im Wirtschaftsplan enthalten“ sei, soll diese Kürzung sogar gar nicht als aktuelle Einsparung gewertet werden. Auch durch die Einschränkung des Geltungsbereiches der Kurzstrecke werden Mehreinnahmen zwischen 80.000 €/Jahr (Ersteinschätzung Verkehrsbetrieb SWS) und 180.000 €/Jahr (Fahrgastbeirat) erzielt. Der Verkehrsbetrieb erklärt jetzt einfach, man könne dies nicht berechnen, es sei „einnahmeneutral“.
Im Ratsbeschluss vom 8.12.2016 steht weiterhin, der SWS-Geschäftsführer soll „darstellen wie die Einsparung in Höhe von mindestens 300.000,00 Euro durch weitere Optimierung im Betriebsablauf des Verkehrsbereichs der SWS GmbH ab 2017/2018 erreicht werden kann“. Wenn dies nicht gelingt, „wird bis zum 31.03.2017 im Beteiligungsausschuss nach Vorberatung des ASUKM entschieden, ob zur Erreichung der Verlustobergrenze weitere Einsparungen im Nahverkehrsplan nötig sind.“
Ohne die Ergebnisse dieser (internen) „Optimierung im Betriebsablauf“ abzuwarten, schlug die Verwaltung am 31.1.2017 dem Stadtentwicklungsausschuss in der Vorlage 2371 vor, „weitere Einsparvorschläge zu unterbreiten“. Grundlage „bildet die Vorlage 1958.“ Diese sieht u.a. vor:
– Starke Reduzierung der Nachtfahrten sonntags bis donnerstags. U.a. die Siedlungsbereiche Meigen, Ketzberg/Abteiweg, Klinikum, Fuhr und Kannenhof würden dann nach ca. 22.30 Uhr gar nicht mehr bedient.
– Die bereits zum 31.12.2016 erfolgte Streichung des Kleinbusses KB 688, der seit 2014 für eine bessere Anbindung der zuvor völlig abgeschnittenen Wohngebiete Fürkeltrath, Eipaß, Nümmen, Lochbachtal sowie des Gewerbegebietes Dycker Feld sorgte. Nur in Teilbereichen soll ein Ersatz kommen, obwohl der im Mai 2013 vom Rat beschlossene NVP die Kleinbusse als Pilotprojekt vorsieht. Nach zwei Jahren sollte eine „Evaluierung beider Produkte TaxiBus und Kleinbus. Wahl des bevorzugten Produktes für das gesamte Stadtgebiet zur Umsetzung weiterer Gebiete“ erfolgen. Der gültige NVP sieht also ausdrücklich die weitere Anbindung vor.
– Taktabbau bei der 683 zwischen Krahenhöhe und Burg auf max. 30min-Takt.
– Taktabbau bei der 684 auf 15min-Takt.
Es darf nicht dazu kommen, dass der Busfahrplan und der NVP weiter verschlechtert werden. Das ist die Solinger Kommunalpolitik ihren BürgerInnen und besonders den SchichtarbeiterInnen, Jugendlichen und den in der Mobilität eingeschränkten schuldig.
Dafür ist weiteres Bürgerengagement und weiterer Bürgerprotest notwendig.
Dietmar Gaida
Die Bürgerinitiative „Solingen gehört uns!“ kämpft für die Erhaltung des Bus-Angebotes und freut sich über weitere MitstreiterInnen.
Kontakt: www.solingen-gehoert-uns.org, info@solingen-gehoert-uns.org
Gegen die aktuellen Kürzungspläne der Stadtverwaltung gibt es massiven Widerstand:
– 2170 SolingerInnen unterzeichneten innerhalb von zwei Monaten die Petition „Wir brauchen einen guten ÖPNV: Gegen die geplante massive Verschlechterung des Bus-Angebots!“
– Alle Gremien, die zur Beteiligung der BürgerInnen an der Kommunalpolitik eingerichtet wurden, protestierten: ÖPNV-Fahrgastbeirat, Zuwanderer- und Integrationsrat, Beirat für Menschen mit Behinderung, Seniorenbeirat, Jugendstadtrat, Frauenforum und Stadtjugendring.
– Eine Resolution gegen die geplanten Fahrplan-Kürzungen wurde u.a. unterstützt von Attac, Bezirksschüler*innenvertretung, BUND, NABU, NaturFreunde Solingen-Wald/Ohligs + Theegarten, RBN, Solinger Appell, tacheles, VCD, ver.di-Bezirk Rhein Wupper und Vertrauensleute des Verkehrsbetriebes SWS und Zukunfts-Welten e.V.
Solingen nimmt als „Global Nachhaltige Kommune in NRW“ als eine von 15 Gemeinden am UN-Programm für die kommunale Umsetzung der Ziele der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ teil.
Eines der Ziele dieses Programms lautet::
„Bis 2030 den Zugang zu sicheren, bezahlbaren, zugänglichen und nachhaltigen Verkehrssystemen für alle ermöglichen und die Sicherheit im Straßenverkehr verbessern, insbesondere durch den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, mit besonderem Augenmerk auf die Bedürfnisse von Menschen in prekären Situationen, Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen.“
Oberbürgermeister Tim Kurzbach und seine Partei, die SPD (wie auch Grüne, FDP, BfS, Linke, SG Aktiv und FBU), erklärten vor der Kommunalwahl 2014 und vor der OB-Wahl 2015 öffentlich, Fahrplankürzungen abzulehnen.
Sie werden Schwierigkeiten haben, den Zusagen nachzukommen. Viele SolingerInnen hoffen, dass sie dieses Versprechen letztendlich doch einhalten.
Für die Wahlprüfsteine zur Kommunalwahl 2014 erklärte die Solinger SPD:
„Wir haben nicht zugelassen, dass im Busverkehr gekürzt wird – im Gegenteil: Mit viel Kreativität und auch unter Nutzung neuer Wege ist die Qualität des Angebots für Solingen mit dem jetzt gültigen Nahverkehrsplan nochmals gesteigert worden. Mit neuen Buslinien, die sogar in kleinteiliger Siedlungsgebiete oder direkt zu wichtigen Arbeitsplätzen führen. Diesen Weg wollen wir weitergehen – natürlich auch mit dem ÖPNV-Fahrgastbeirat, der an der Ausarbeitung des Nahverkehrsplans einen großen Anteil hat.“
Der heutige Oberbürgermeister Tim Kurzbach erklärte für die Wahlprüfsteine zur Oberbürgermeisterwahl am zur Frage „Werden Sie als Oberbürgermeister in Ihrer Amtszeit 2015 – 2020 weitere Kürzungen beim Solinger Busverkehr unterstützen?“ folgendes:
„Ich stehe hinter dem deutlich attraktiveren neuen Nahverkehrsplan, der bei den Solingerinnen und Solingern offenbar gut angekommen ist. SPD und Grüne unterstützen den SWS-Verkehrsbetrieb massiv darin, diesen Standard mit modernem Marketing und einer effizienten Unternehmensführung zu untermauern. Für weitere Kürzungen sehe ich keinen Anlass.“